
„Brot und Blumen“ – mit diesem Slogan wurde für die AP 14-17 geworben. Die „weiterentwickelten Direktzahlungen“ sollten die Verknüpfung von markt- und gesellschaftsbezogenen Leistungen, von Artenvielfalt und Produktion fördern.
Verschiedene Gruppen wehrten sich und forderten eine breite Diskussion über die Zukunft der Landwirtschaft. Mit der neuen AP würde die Produktion von einheimischen Lebensmitteln und damit der Selbstversorgungsgrad, bereits der tiefste in Europa, noch weiter abgebaut. „Was wollen wir essen – Brot oder Blumen?“ Die Initiative für Ernährungssicherheit erreichte innert drei Monaten – in Rekordzeit – das geforderte Soll. Am 8. Juli 2014 übergab der Bauernverband der Bundeskanzlei 147‘812 gültige Unterschriften.
Kurz danach befand das BLW, dass auch bei Annahme der Initiative kein Handlungsbedarf bestehe, weil das heute geltende Recht die Anliegen der Initiative bereits weitgehend abdecke (1). Ausser – aber das müsse noch abgeklärt werden – eventuell betreffend der Forderung nach „Massnahmen gegen den Verlust von Kulturland und Sömmerungsflächen“ (2).

Bedeutet das, fast 150’000 Menschen fordern ihre Regierung vergeblich auf, die geltende Verfassung und Gesetze anzuwenden?
Die Schweizerinnen und Schweizer haben ein legitimes Recht auf Lebensmittel aus vielfältiger und nachhaltiger einheimischer Produktion, und es wäre die Aufgabe des Bundes, die Produktion und den Absatz von Schweizer Agrarprodukten zu fördern.
Der Trend zur „Ökologisierung“ wird gefördert, die Höhe der Beiträge wurde in den letzten fünf Jahren bereits fast verdoppelt (3). Doch die Erhaltung des guten Ackerlandes liegt beträchtlich im Argen (mehr darüber in Werner Grimms Artikel “Bodendatenbanken – Fortsetzung des Verwirrspiels” 4).

Mit den „Biodiversitätsförderflächen BFF“ soll „der Lebensraum für die vielfältige einheimische Fauna und Flora in den Landwirtschaftsgebieten erhalten und nach Möglichkeit wieder vergrössert werden. Der ökologische Ausgleich trägt zudem zur Erhaltung der typischen Landschaftsstrukturen und -elemente bei. … 80% der ökologischen Ausgleichsflächen (sind) beitragsberechtigt.“ (5). Diese Beträge fehlen bei gleichbleibendem Budget für die Lebensmittelproduktion.
Neu wurden mit der AP 14-17 auch „Landschaftsqualitätsbeiträge“ eingeführt. „Durch sie – eine neue Art von Direktzahlungen – werden neu nicht mehr nur offene Flächen oder vernetzte Lebensräume, sondern auch regional typische Kulturen (…), Wanderwege, Alleen- und Ackerlandschaften und andere landschaftliche Kulturwerte (…) durch Beiträge honoriert“ (6). Diese Beiträge stehen nicht nur den Bauern, sondern auch Gemeinden und Privatfirmen zur Verfügung und fehlen bei gleichbleibendem Budget für die Lebensmittelproduktion.
Die gradlinige Umsetzung der AP 14-17 (7) geht mit dem „Agrarpaket Herbst 14“ weiter, das das BLW zur Anhörung gegeben hatte.
Eine „generelle Reduktion der gesamten ausgerichteten Direktzahlungen“ soll das Budget um 50 Mio Franken erleichtern. Wegen rückgängigen Zolleinnahmen werden weitere 34 Mio Franken bei den Versorgungssicherheitsbeiträgen auf Dauergrünland und 3 Mio bei „Viehwirtschaft, Produktion und Absatz“ gestrichen. Im wachsenden Bereich der Biodiversitätsförderung erschien dafür neu ein scheinbar lukrativer „BFF Blühstreifen für Bestäuber und andere Nützlinge“ à 2‘500 Franken/ha. Die Nützlichkeit dieser Massnahme wird bezweifelt (10). Und das alles geschieht zu dem Zeitpunkt, wo die EU das bestehende schweizerische Direktzahlungskonzept übernimmt, um die Einkommen der Lebensmittelproduktion zu stützen (11).
Die Betriebe werden grösser und „effizienter“; ihre durchschnittliche Grösse hat seit dem Jahr 2000 um einen Viertel zugenommen und beträgt jetzt 19 ha, während die Anzahl der Beschäftigten seit der Jahrhundertwende fast ebenso stark abgenommen und einer von fünf Betrieben aufgehört hat (12). Man darf vermuten, dass der Trend der lokal verwurzelten KMUs ähnlich ist.
Heute noch geben jeden Tag drei Bauernhöfe auf – hauptsächlich kleine. Eine Änderung ist nicht absehbar. Werden die Vorschläge des im Juni veröffentlichten Berichtes des Bundesrates angenommen, werden etwa 1000 Betriebe ihre Direktzahlungsberechtigung verlieren und „maximal 4000 Betriebe unter die Gewerbegrenzen fallen“, so S. Briner vom BLW im Schweizerbauer (14).

Durch diese Entwicklung steigt die Gefahr, dass die Landwirte, statt Lebensmittel zu produzieren, Naherholungsgebiete und Bienenblumenstreifen pflegen. Zusammen mit der einheimischen Produktion verschwinden auch Arbeitsplätze der einheimischen Verarbeiter und ihrer Partner. So ist es umso erstaunlicher, dass der Vorschlag, die AP 14-17 korrekturlos bis 2021 laufen zu lassen, aus der SP kommt. Dass Nationalrat Jans so viele Mit-Parlamentarier gefunden hat, um die Motion zu unterschreiben (15) schockiert, denn bei einer ganzheitlichen Lagebeurteilung zwingt sich eine Korrektur geradezu auf (16).
Wollen wir eine produzierende Landwirtschaft, die gesunde, lokale Lebensmittel herstellt, dann müssen Produktion und Absatz, Produzent und Konsument, Ökologie und Ökonomie aufeinander abgestimmt sein. 147‘812 Menschen haben unterschrieben. Täglich geben drei Bauernhöfe ihren Betrieb auf.


