
Auch wenn es immer mehr übergewichtige Personen gibt – der lokale Nahrungsmittelverbrauch kann nicht ewig wachsen. Und weil Industrielle Landwirtschaft dem gleichen Wachstumszwang unterliegt wie andere Industrien, muss man um weiterwachsen zu können, erst recht wenn man eh schon mehr exportiert als importiert (1), noch mehr exportieren und Märkte anderer Länder erobern.
Die Amerikanische Landwirtschaft muss wachsen.
Wir können helfen.
Die Exporte nach Europa seien zurückgegangen, weil die EU mit vielen andern Ländern bilaterale Abkommen habe, die die US-Produkte im Vergleich verteuern. Das soll, wenn alles planmässig läuft, TTIP demnächst “korrigieren” (2).
Unsere Standards sollen durch TTIP nicht verändert werden, aber wir können die Standards der Handelspartner auch nicht ändern. Also ist am einfachsten, man akzeptiert einander so wie man ist und anerkennt auch die Standards der Handelspartner. Geplant, gesagt, getan: Die Schweiz hat mit den USA ein “Äquivalenzarrangement” unterzeichnet, geltend “für Bio-Produkte, die in der Schweiz oder in den USA erzeugt oder hergestellt, verarbeitet oder verpackt wurden”. (Medienmitteilung des Bundesrates).

Quelle: http://www.imo.ch/logicio/client/imo/archive/document/offices/ch/ch_news/FAQ_OrganicEquivalencyArrangement_USA_en.pdf, S.2/5
Freihandel soll Ernährungssicherheit fördern
Natürlich sind vom Abkommen auch Exporte aus der Schweiz betroffen, aber die Erfahrung zeigt, dass die Importe wichtiger sein werden. Das ist auch im Sinne der Unterzeichner:
Um in der Schweiz die Ernährungssicherheit zu garantieren hatte der Bundesrat vorgeschlagen, günstige Rahmenbedingungen zu schaffen für den Zugang zu den internationalen Agrarmärkten (4). Mit der Anerkennung der Bio-Vorschriften der USA wurde genau das gemacht: Es wurde sichergestellt, dass, wenn denn die Amerikaner auch exportieren wollen, wir die Bio-Ware importieren dürfen.
Die Amerikanische Bio-Industrie, das sind über 25’000 Betriebe in den USA (5) mit einem Detailhandel-Jahresumsatz von $39 Milliarden und einem jährlichen Wachstum von über 7%. Seit Beginn der Obama Administration haben die USA 5 “Äquivalenzabkommen” unterzeichnet und sich damit Zugang zu den internationalen Biomärkten verschafft – was den Umsatz mit zusätzlichen $35 Mia für US Bio-Landwirte und -Betriebe praktisch verdoppelt. (6)

Durch das Abkommen wurde der “Biomarkt Schweiz” nicht nur für Amerikanische Produkte geöffnet, sondern für alle Bio-Produkte, die in den USA verarbeitet oder verpackt wurden und das USDA Logo tragen. Dazu gehören auch alle von den USA anerkannten Zulieferer, deren Ware nach Amerikanischen Kriterien zertifiziert wurde. Wenn also der in Mexiko SGS-zertifiziert gehandelte Biohanf in den USA verpackt wird, kann er dann bei uns als “USDA organic” verkauft werden? Sicher auf der Liste sind Mexikanische Spargeln, Mangos aus Haiti und über 30’000 in Amerika produzierte Lebensmittel, die jetzt bei uns als Bio angepriesen werden können (7). Auch existieren bereits 4 weitere Äquivalenzabkommen und zwar mit Kanada, der EU, Japan und Korea (8). Ob weitere Abkommen geplant sind, ist nicht bekannt. Klar ist lediglich, dass sie auch die Schweiz verpflichten würden.
Die USA – das Land, das politischen Druck ausübe auf Partner, die sich gegen Genetisch Manipulierte Nahrungsmittel einsetzen (9) – sollen unsere Ernährungssicherheit garantieren helfen?

Transparenz
Das Abkommen ist transparent, die Zertifikationskriterien sind transparent, die Etikettierungsmöglichkeiten und -Vorschriften sind transparent: Der Markt ist transparent. Es liegt am Kunden, sich zu informieren, denn der Labelsalat wird durch dieses Abkommen höchstens noch bunter. Ein kurzer Vergleich der Standards von hüben und drüben zeigt, dass das Label Bio nicht ganz dasselbe ist.
Hauptunterschiede der Biozertifikate:
- In der Schweiz muss normalerweise der ganze Produktionsbetrieb biozertifiziert sein, in Amerika wird das individuell für einzelne Kulturen angemeldet (10);
- In den USA darf eine ganze Liste von synthetischen Mitteln verwendet werden (11); in der Biolandwirtschaft der Schweiz sind keine synthetischen Hilfsmittel erlaubt (12);
- Bei uns gibts nur Bio oder Nicht-Bio. In Amerika gibts zusätzlich ein hochprozentiges Bio. Es besteht aus mindestens 95% biologischen Inhaltsstoffen, aber in den restlichen 5% kann irgendetwas drin sein (13).

Ein Label allein ist zu wenig.
Bis 2024 sollen in der Schweiz durch den Strukturwandel weitere 10’000 Betriebe verschwinden (14). Zwar bleibt statistisch die gesamte Landwirtschaftsfläche mit weniger aber grösseren, maschinell einfacher bearbeitbaren Flächen etwa gleich gross, aber die Produktionsvielfalt und damit die Auswahl für den Konsumenten geht zurück. So bietet das Abkommen nebst den Importen aus Billigstlohnländern mit nicht ganz transparenten Biozertifizierungen sicher eine willkommene Sortimentserweiterung im boomenden Schweizer Biomarkt. Aber welches Label garantiert uns denn nun was genau? Welches Label entspricht dann unserem lokalen hohen Standard? Wer kann hier den Überblick behalten?
Der Fall ist bekannt vom amerikanischen Rindfleisch (15): Zwar würde die EU lieber kein hormonell behandeltes Fleisch importieren, konnte aber durch Handelssanktionen dazu bewegt werden, das Risiko von Hormonfleisch als nicht allzugross einzustufen. US Beef, getreidegefüttert aber ohne Hormonzusatz wird zollfrei in die EU importiert und ist erkennbar an der Zusatzdeklaration “High Quality Beef” (16).
Ähnlich verhält es sich auch mit den pflanzlichen USDA organic Produkten: Weil wir nicht unterscheiden zwischen Bio und Voll-Bio darf in unseren Läden Ware angeboten werden, die mit 95% zwar hochprozentig, aber nicht komplett Bio ist (any product above 95% organic ingredients – could be labelled “organic” (17)) – und auch die anderen 95% können mit einer Liste von synthetischen Mitteln behandelt worden sein. Diese scheinen wir nicht weg-etikettieren zu können, aber das zusätzliche “Non-GMO Project Verified label” auf der Packung zeigt an, ob das Produkt den hier erlaubten GVO-Gehalt von max. 0.9% nicht überschreitet. Denn auch unser Bio ist nicht so hochprozentig, wie es scheint: Die Deklaration von GVO unter einem Grenzwert von 0,9 Massenprozent ist nicht zwingend, auch nicht für Bio-Fleisch.
Vertrauensbeweisversicherung
von Köbi Alt
Im Prinzip Labeling
ist grundsätzlich der Wurm drin
der aber aus Marketing-
und Umweltschutzgründen
weder bekämpft
noch deklariert
und schon gar nicht
mit Pestiziden
bekämpft werden darf –
darauf können sie
als bewusste Konsumentin
getrost vertrauen
Weiterführende Links:
- Äquivalenz-Arrangement für biologische Produkte CH – USA
- National Organic Program
- USDA – Organic Agriculture
- Electronic Code of Federal Regulations, Organic Foods Production Act Provisions
- Welche Hormone für Fleisch und Milch angewandt werden
- Wie synthetische Hormone die Milchproduktion fördern
- Bio Regelwerk Schweiz und die einzelnen Dateien dazu als Links
- Richtlinien Biosuisse
- GVO-Erzeugnisse bei Lebensmitteln: Übersicht über die Kontrollen der Kantonalen Vollzugsbehörden im Jahr 2014 (im Auftrag des BLV)
- In den USA für “organic” verbotene / erlaubte Substanzen
- Was man in den USA wie beschriften darf
- Organic ist nicht immer so sehr organic (GVO-Propagandapapier)


