Information
„Wir informieren Sie über die Arbeit und die Herausforderungen in den Redaktionen…“, denn „…die manchmal etwas unterschätzte Arbeit ist anspruchsvoll…“, schreibt die NZZ.

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Zeitungslesen ist anspruchsvoll
Jeder Artikel hat ein Ziel. Um das zu erreichen, unterliegen Autoren häufig einer gewissen Selbstzensur. Dann ist es die Aufgabe der Leser, nicht nur Abstimmungskampagnen, sondern generell Informationen, kritisch zu lesen.
Die Artikel „Deutscher Bauernaufstand“, „Bauern gegen Bauern“, „Die Macht der Bauern“, „Die Vermessung der Kuh“, aber auch „Aquaponik: Zukunftsmodell…“ sind innerhalb weniger als drei Wochen in der oben-erwähnten Zeitung erschienen. Dem Titel nach scheinen alle Landwirte und/oder Landwirtschaft zum Thema zu haben. Im Text selber geht es dann aber meist um Bundesausgaben und Lobbying. Probleme werden angeschnitten und nicht analysiert. So können auch keine möglichen Alternativen aus der ohnmächtigen Situation andiskutiert werden. Mit welchem Ziel erscheinen solche Artikel?
Diskussion
Wir erlauben uns – ohne werten zu wollen und trotzdem kaum ganz wertfrei – ein paar der häufig verwendeten Begriffe aufzugreifen:
Vermarktung des Mythos Landwirtschaft: Mit „Regionalen“ Labels erzielen die Grossverteiler in der Schweiz einen Umsatz von rund 1.5 Milliarden, Tendenz steigend. Die Clichés verkaufen sich gut. Doch „Die einzige Chance, an den jetzigen Verhältnissen etwas zu ändern, sei Transparenz zu schaffen und die Fehlanreize in der Öffentlichkeit immer und immer wieder aufzuzeigen“, zitiert die NZZ am 9.2.17 Anita Fetz. Könnte das millionenschwere PR Budget des Schweizer Bauernverbandes eventuell dazu verwendet werden und diese Transparenz schaffen? Könnten so die systemischen Fehlanreize reduziert, und die Kunden für faire Preise gewonnen werden?
Landwirtschaftslobby: Wer konkret lobbyiert für die Landwirtschaft? Die allermeisten unserer Landwirte-Parlamentarier vertreten mehr als nur landwirtschaftliche Interessen. Die sogenannte Landwirtschaftslobby dient mindestens ebenso der zuliefernden und der verarbeitenden Industrie. Stimmt die Aussage „Das Parlament entscheidet meist zugunsten der Bauern“ (NZZ, 9.2.17, Seite 15) wirklich? Oder könnte man sagen, „Das Parlament entscheidet meist zugunsten der Wirtschaft“, weil die Zulieferer und die Verarbeitungsindustrie indirekt vom Landwirtschaftsbudget profitieren? Idealerweise würde das Parlament zu Gunsten der Bürger entscheiden, die eine gesunde Ernährung, in der Region produziertes Essen und stadtnahe Erholungsgebiete wollen!
Wertschöpfung: Die Marktpreise der landwirtschaftlichen Produktion decken kaum die Produktionskosten. Das Bauern sei „zu einem exorbitant teuren Durchlauferhitzer geworden“ zitierte die NZZ am 30.1.17 Andreas Bossard. Denn geldmässig profitieren die zuliefernde Industrie (Maschinen-, Pflanzenschutz-, Futtermittel-, etc.) und die nachgelagerten Betriebe (Verarbeitung, Verteilung); bei den Landwirten selber bleibt kaum was – wären da nicht noch die Direktzahlungen.
Direktzahlungen: Sie müssen in erster Linie den Einkommensausfall der Produktion ausgleichen (siehe Wertschöpfung oben), da die Verkaufspreise der Produktion kaum deren Kosten decken. Auch das Höfe-Zusammenlegen ist nicht zielführend, denn je grösser die produzierte Menge, desto grösser die Abhängigkeit von den Grossverteilern.
Die Frage „Was macht die Bauern erfolgreich?“ ist an sich eine gute Frage. Wenn „erfolgreich“ allerdings an der Höhe der Subventionen gemessen wird, tönt dies eher nach Geringschätzung der Professionalität und Leistung der Bauern.
Der Konsument hat nichts von plakativ geführten agrarpolitischen Diskussionen.
Eine gesunde Ernährung braucht als Basis eine nachhaltige Landwirtschaft. Zur Erklärung, was Nachhaltigkeit ist hat Desirée Föry in ihrem Artikel vom 2.6.16 den Brundtland-Bericht zitiert: „Nachhaltige Entwicklung ist Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können.»
Aktion
18’000 Menschen forderten an der siebenten „Wir haben es satt!-Demo“ im Januar gesundes Essen, bäuerlich-ökologischere Landwirtschaft und fairen Handel. Weil es um die Zukunft aller geht.

“Die Schweizer Landwirtschaft stirbt leise” schreibt Jakob Weiss in seinem neuen Buch und fordert: “Lasst die Bauern wieder Bauern sein”. Die Vernissage findet am 11.April im Zürcher Sphères statt →
Diverse Dokumentarfilme wie “Alptraum”, “Demain”, “Révolution silencieuse”, “Jura ; enracinés à leur terre” und auch “la Détresse des Paysans“, aber auch Festivals wie das Festival du Film Vert helfen zu verstehen, sich, und allenfalls seine Gewohnheiten, anzupassen um unsere Lebensqualität zu erhalten.
Schlussfolgerung
Es geht um uns alle, nicht nur um „die Bauern“. Durch Schlagwörter aufgebaute Emotionen mögen kurzfristig helfen, eine Abstimmung zu gewinnen. Schon mittelfristig brauchen wir eine sachliche Diskussion. Wir müssen unsere gemeinsamen Interessen neu definieren und unseren gemeinsamen Weg bestimmen. Mitten in und mit Europa, mitten in und mit der Welt.
#Konsumenten, # wasistmorgen? #esgehtumunseressen! #bittemachtsachpolitik.
Weiterführende Links
- Interessensbindung NR→
- Interessensbindung SR →
- NZZ Artikel mit Schlagwort Landwirtschaft vom letzten Monat →
- Die Schweizer Landwirtschaft stirbt, lasst die Bauern wieder Bauern sein! Buch von Jakob Weiss, 2017
- Regionalität als Markt, Artikel auf agrarinfo.ch →
- Filme für die Erde →
- Konsumentenmanipulation über die Medien – am Beispiel des Wahlkampfs von Donald Trump →

