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Direktzahlungen

Wer was will, muss auch liefern! Direktzahlungen sind nicht umsonst.

Mein Hof: La Souriche

Der Hof liegt in der Bergzone II auf 1200m. Ich bewirtschafte eine landwirtschaftliche Nutzfläche von 10.5ha, davon sind 5 ha Heuwiesen, 4 ha Waldweiden ,davon sind 2/3 Biodiversitätsförderflächen, und 1ha Ökoausgleichsfläche, etwas Wald. Ich habe im Schnitt 4 Mutterkühe und ihre Kälber und 30 Merinoschafe im Sommer. Das Fleisch der Rindli verkaufe ich alles direkt an meine Kundinnen und Kunden. Im Winter nehme ich Rindli in Pension. Zudem habe ich eine 30% als Sekretärin bei Uniterre. Im Haus ist eine kleine Ferienwohnung und ich habe 2 Mitbewohner*innen in Ausbildung.

Mein Betrieb ist ein Nebenerwerbsbetrieb und für die Bergregion hier im Berner Jura sehr klein und einfach zu bewirtschaften.

Vom Schreibtisch

Ohne Schreibtischarbeit läuft auf den Landwirtschaftsbetrieben gar nichts. Auch wenn ich alles andere viel lieber mache, komme ich zum Beispiel nicht darum herum, das Gesuch auf den Antrag für die Direktzahlungen zu stellen.

Alle Jahre wieder müssen landwirtschaftliche Betriebe ein Gesuch für Direktzahlungen einreichen. Die Aufforderung dazu habe ich am 2.Februar per Mail vom Wirtschafts-, Energie- und Umweltdirektion des Kantons Bern, Amt für Landwirtschaft und NaturAbteilung Direktzahlungen / Fachbereich Agrarvollzug, in Zollikofen, erhalten. Darin wurde ich aufgefordert bis spätestens zum 1.März 2022 meine Daten in der GELAN-Stichtagserhebung erfassen. ()

Das habe ich gemacht, wie jedes Jahr. Gewisse Daten werden direkt aus anderen Datenbanken übernommen. Zum Beispiel wird der Tierbestand direkt aus Agate.ch() übernommen. Jedes Tier, jeder Halterwechsel, jede Schlachtung, jede Geburt und jeder Neuzugang muss dort gemeldet werden. So ist das Amt immer auf dem Laufenden.

Die bewirtschafteten Flächen sind seit Jahren registriert, hier müsste man nur angeben, wenn es Änderungen gegeben hat.

Da es bei mir seit Jahren keine Änderungen gibt und mein Betrieb sehr einfach aufgestellt ist, ist das Gesuch recht zügig ausgefüllt. Grosse Probleme gibt es eigentlich nur, wenn mein Internet nicht, oder nur schlecht funktioniert und das war in der Vergangenheit häufig der Fall, jetzt ist es zum Glück etwas schneller und stürzt in der Regel nicht ab.

Vielfältigere Betriebe, heisst erheblich mehr Aufwand

Bei viele Betriebe – gerade bei Talbetrieben oder Betrieben in der Hügelzone – ist es mit der Anmeldung für Direktzahlungen und den entsprechenden Kontrollen um einiges komplizierter, da sie viel breiter und diverser aufgestellt sind. Da kommen verschiedene Hofprodukte, unterschiedliche Fruchtfolgen, Düngemittel, ev. Pflanzenschutzmittel hinzu, was alles protokolliert und angeben werden muss. Sie müssen eine Bilanz der Zukäufe (Futtermittel, Düngemittel, Saatgut, Stroh, etc.)  und Verkäufe erstellen und jeweils genaueste Angaben machen. Vielfalt bedeutet also auch einen grösseren Aufwand.

Nicht nur für den Antrag für Direktzahlungen, sondern hauptsächlich für die jährliche stattfindende Betriebskontrolle.

Direktzahlungen sind nicht das gleiche wie Subventionen, wo genau liegt der Unterschied?

Die Frage steht im Raum. Bekomme ich nun Subventionen, oder Direktzahlungen oder neu gar eine Rente? Ich fühle mich immer mies, wenn gesagt wird, „die Bauern bekommen von unseren Steuergeldern viel zuviele Subventionen!“ Da liegt der Hund begraben, ohne geht es nicht, denn auch bei mir macht es mindestens einen Drittel meines Einkommens aus. Ich arbeite auch noch auswärts, um meinen Betrieb am Laufen zu halten und um nicht in die Schuldenfalle zu tappen.

(Auszug aus meinem Interview mit Eveline Dudda, Agrarjournalistin(↵):
„Dass die Produktion im Schweizer Kostenumfeld teurer ist als im Ausland ist unbestritten. Deshalb hat man früher die Produktion direkt, also mit festgesetzten Preisen subventioniert. Mit dem Beitritt zur WTO 1995 verpflichtete sich die Schweiz diese Subventionen abzubauen. Am teureren Kostenumfeld in der Schweiz hat das aber nichts geändert. Darum hat die Politik den Bauern versprochen das Geld nun einfach in Form der Direktzahlungen auszuzahlen. Später hat man diese an Leistungen gekoppelt, die mit der Produktion so wenig wie möglich zu tun haben. Mir fällt auf, dass der Bundesrat in seiner Gesamtschau zur AP22+ neuerdings den Begriff Rente verwendet. Unter Rente versteht man jedoch ein Einkommen, das gänzlich ohne Gegenleistung bezogen wird.“

Dieser neue Begriff  „Rente“ ist deshalb irreführend und verkehrt den gemeinten Zweck ins Gegenteil.

Das ganze Interview mit E.Dudda und mehr zum Thema:

Voraussetzungen zum Erhalt von Direktzahlungen:

Viele Vorschriften eingehalten werden und etliche Voraussetzungen müssen gegeben sein, um sich für den Erhalt von Direktzahlungen anzumelden. Für Neuanfänger*innen heisst es aufgepasst, denn es dürfen keine Fristen verpasst oder Anforderungen unerfüllt bleiben.

Hier ein Auszug aus der Verordnung (↵)

Direktzahlungen erhalten Bewirtschafter*innen, welche einen Betriebe auf eigene Rechung und Gefahr führen, ihren zivilrechtlichen Wohnsitz in der Schweiz haben und über eine berufliche Grundbildung mit einem Eidgenössischen Berufsattest als Landwirt*in, als Bäuerin oder eine gleichwertige Ausbildung verfügen.

Juristische Personen mit Sitz in der Schweiz, Kantone und Gemeinden sind grundsätzlich zu Biodiversitäts- und Landschaftsqualitätsbeiträgen berechtigt. Bewirtschafter und Bewirtschafterinnen, deren Tierbestände die Grenzen der Höchstbestandesverordnung (SR 916.344) überschreiten, erhalten keine Direktzahlungen. Für die “bäuerliche” AG und die “bäuerliche” GmbH besteht eine Ausnahmebestimmung.

Direktzahlungen werden nur auf Gesuch hin ausgerichtet. Das Gesuch für Direktzahlungen ist bei der vom Wohnsitzkanton oder bei juristischen Personen an die vom Sitzkanton bezeichnete Behörde zwischen dem 15. Januar und 15. März einzureichen.

Die Anmeldungen für Biodiversitäts-, Produktionssystem- und Ressourceneffizienzbeiträge sind bis am 31. August vor dem Beitragsjahr einzureichen.

Des Weiteren braucht es den ökologischen Leistungsnachweis (ÖLN) (zusammenfassend)

Dieser enthält Vorschriften zum Tierschutz, zur Düngerbilanz, zu Biodiversitätsförderflächen und einer geregelten Fruchtfolge, zum Bodenschutz und über die Einhaltung von der Verordnung zu Pflanzenschutzmitteln.

Es kommen noch weitere  Voraussetzungen und Bedingungen hinzu; alle Vorschriften und Voraussetzungen finden Sie beim Bundesamt für Landwirtschaft

Alle diese Verordnungen werden selbstverständlich kontrolliert und bei Nichteinhaltung sanktioniert.

Ohne geht’s nicht!

Ich bin seit 22 Jahren Bäuerin und muss mich immer wieder neu orientieren im Dschungel der Verordnungen. Aber das gehört dazu, auch wenn ich mich manchmal über die damit verbundene Bürokratie des Bundesamts für Landwirtschaft sehr aufrege. Es ist ein Januskopf mit mehr als 40 leitenden Angestellten und vielen weiteren Arbeitnehmenden, dieser „Kopf“ wächst ständig, obwohl die Anzahl der Betriebe pro Jahr schrumpft. Waren es im Jahr 2010 noch an die 70’000 landwirtschaftliche Betriebe, sind wir im Jahr 2020 bei unter 50’000 angelangt, sprich 49’000.

Kann die bäuerliche Landwirtschaft mit Hilfe von Direktzahlungen langfristig  überhaupt überleben?

Auszug aus Gemüsebauer und Sekretär Uniterre Rudi Berlis Artikel (↵) dazu:
Auf buchhalterischer Ebene machen die Direktzahlungen im Durchschnitt etwa 25% (z.T bis zu 50%) der Erträge eines landwirtschaftlichen Betriebes aus. Das bringt uns zu dem Paradoxon, dass ausser dem Strukturwandel, d.h. dem allmählichen Abbau der bäuerlichen Landwirtschaft, keine markttechnischen Massnahmen zur Verbesserung der landwirtschaftlichen Einkommen in der neuen Agrarpolitik vorgesehen sind! In der Tat ist es der zerstörerische Abbau der Betriebe, der das sektorale Arbeitseinkommen pro Jahresarbeitseinheit steigen lässt. Einige Landwirt*innen werden zusätzlich zu ihren landwirtschaftlichen Betrieben bis zu 100% auswärts arbeiten müssen, um so zu versuchen, ihre massiv einbrechenden Girokonten zu retten, die sie mit mittelfristigen Krediten konsolidiert haben und die trotzdem schnell wieder in die roten Zahlen zurückfallen.

Verschuldung

Auch wenn der neue und grössere Traktor glänzt, die Geranien um die Wette blühen und die Bäuerin ihren Sonntagszopf zuverlässig züpfelt, die Welt dahinter sieht alles andere als rosig aus.

Rudi Berli schrieb(↵) dazu:
Fakt ist, dass die durchschnittliche Verschuldung der Schweizer Betriebe (2017) bei fast 500.000 CHF lag, d.h. rund 50% des Vermögens. Pro Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche beträgt diese Schuld 20’000 CHF. (Quelle Agroscope 2014) Die Bauern und Bäuerinnen leiden aber auch finanziell unter der verschobenen Auszahlungsagenda für ihre Ernten und ihre Arbeit. Während die Direktzahlungen im Juni und November erfolgen, werden die Girokonten zwischen Januar und Mai und zwischen Juli und Oktober stark belastet. Die Zahlungen für Getreide, Zuckerrüben kommen im Juli des auf die Ernte folgenden Jahres, die Zahlungen für Milch kommen auch erst nach der Lieferung (etwa 15 Tage nach Monatsende) und es gibt auch andere Produktionszweige, bei denen die Zahlung bis zu einem Jahr später erfolgt. Das Problem sind also nicht nur die niedrigen Preise, sondern auch die Staffelung der Direktzahlungen, die anstatt monatlich, zweimal jährlich ausbezahlt werden, sowie das gänzliche Fehlen von Produktionsvorschüssen.

Welch anderer Wirtschaftssektor könnte eine solche Unsicherheit und eine so schwere Bürde auf sich nehmen?

Nota bene, ein Dank an alle

Ich möchte mich an dieser Stelle für alle Menschen bedanken, die die Landwirtschaft unterstützen. Und damit meine ich nicht die finanzielle, sondern auch die mentale Unterstützung. Wir arbeiten für die Bevölkerung, wir wollen ein Auskommen haben und wir arbeiten gerne hart dafür. Wir geben unser Bestes und unsere besten Jahre. Wir wollen hochwertige Lebensmittel herstellen und brauchen dafür das Einverständnis der Bevölkerung, im Wissen das gute Qualität ihren Preis hat und das die Landesversorgung mit Nahrungsmitteln aus der Region wichtig ist und bleibt.

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Ulrike Minkner ist Bäuerin auf dem Hof La Souriche in Mont-Soleil und Uniterre Sekretärin.

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