Am 7. März 2012 hat der Ständerat entschieden, die Agrarverhandlungen mit der EU zu stoppen und einen Zwischenbericht zu erstellen. Hermann Dür, Burgdorf, eröffnet die Diskussion dazu:
Nach dem Entscheid des Ständerates zum vorläufigen Stopp der Agrarverhandlungen mit der EU ist zunächst einmal der Mythos klar widerlegt, es sei die Bauernlobby, die aus Eigeninteresse hinter der Skepsis zum Freihandelsprojekt stecke. Wenn die Vertreter so vieler Lobbies in zwei Kammern zu ähnlichen Schlüssen kommen, dann ist es eben offensichtlich gerade nicht die Agrarlobby um die es geht, sondern um übergeordnete Interessen.
Und die Exportindustrie? Ihre wichtige Problematik wegen den Rohstoffpreisunterschieden muss – und kann – nach dem Stopp der WTO-Runde nun mit dem einfachen, bewährten Instrument der Exportrückerstattungen problemlos gelöst werden – im Interessen der ganzen Wirtschaftskette übrigens.
Der NZZ-Kommentator vom 8. März deckte übrigens vermutlich ungewollt auf, worum es den Agrarfreihandelsbefürwortern in Wirklichkeit geht. Da stand: „Im Hinblick auf eine grössere Verhandlungsrunde mit Konzessionen übers Kreuz (Bilaterale III) sollten vorderhand alle Dossiers auf dem Tisch bleiben.“ – Aha, die Landwirtschaft soll also deshalb auf dem Tisch bleiben, damit sie bei einer Bilateralen III –Verhandlung zu Gunsten anderer Parteien als Verhandlungsmasse eingesetzt (d.h. geopfert) werden könnte. Es geht also gar nicht um die Landwirtschaft, sondern um eine sogenannt „grössere Verhandlungsrunde“. – Aber was, bitteschön, könnte denn überhaupt noch „grösser“ sein, als eine einigermassen gesicherte Nahrungsmittelversorgung ?
Unklar ist jetzt ferner noch, wie der Bundesrat bis zum Herbst den verlangten Bericht zu alternativen Wegen sachlich-objektiv erstellen will. Bekanntlich sollte die Verwaltung ja verwalten, und nicht politisieren. Das propagandistisch unglückliche Vorpreschen der Volkswirtschaftsministerin 2008 zusammen mit dem BLW unter dem Motto „Es gibt keine Alternativen zum vollständigen Agrarfreihandel“ erschweren heute der Verwaltung, noch den Eindruck von Unparteilichkeit machen zu können, wenn sie heute alternative Wege (wie z.B. sektorielle Öffnung, dort, wo überhaupt Absatzchancen bestehen) aufzeigen soll . Das Problem ist kaum zu lösen. Die Verwaltung ist und bleibt faktisch befangen! – Ich hoffe, die z.T. neuen Leute in Bundesrat und Verwaltung schaffen das gleichwohl und nehmen die Bedenken beider Kammern ernst.
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