Veröffentlichung: 28.08.12; Aktualisierung: 22.04.14
Die industrielle Produktion von Fleisch, Fisch inklusive Milch und Eier frisst sich durch die natürliche Umwelt und diktiert weltweit die Produktionsbedingungen für Landwirtschaft und Tierhaltung. Die Verwendung von Nahrungsmitteln als Viehfutter, Gentechnologie und Massentierhaltung sind nur einige der Methoden, mit denen die Industrie ihre Gewinne macht….
Das Tier ist nur noch ein Kosten- und Nutzenfaktor, eine auf Leistung getrimmte Kreatur, aus der auf eine qualvolle Weise immer neue Höchstmengen an Milch und Fleisch gepresst wird…..
Mehr dazu hier: Praxis auf deutschen Schlachthöfen >>>
Fleischkonsum, weniger ist mehr….. Auch Herr und Frau Schweizer & Co. kaufen gerne ein zartes Stück (Schweizer)Fleisch. Die Werbung zeigt glücklich suhlende Schweine, freilaufende Hühner und friedlich weidende Kühe auf saftig grünen Wiesen….. Doch die Werbe-Idylle ist trügerisch. Denn (Schweizer)Fleisch hat mehr als eine Kehrseite.
In der Schweiz essen wir pro Jahr über 430‘000 Tonnen Fleisch, dass heisst: rund 1 Kilo pro Woche und Person (ohne Berücksichtigung der Konsummengen aus dem Einkaufstourismus im grenznahen Ausland).
Traditionell steht die Schweiz für eine bäuerliche Landwirtschaft. In Europa und Übersee steigt hingegen die Zahl der Tierfabriken enorm an. Dieses Fleisch gelangt durch vermehrte Importe auch auf Schweizer Teller. Zumal Edelstücke wie Entrecôte und Filet vom Rind oder Brüstli vom Huhn unsere grossen Favoriten sind, weniger populär hingegen sind Innereien, Haxen usw..
Dennoch ist die „Massentierhaltung“ in der Schweiz weitgehend unbekannt – im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern und den USA. Trotz einigen Lücken unseres Tierschutzgesetztes ermöglichen Mindestnormen und Förderprogramme (RAUS und BTS einem Grossteil der Tiere regelmässigen Auslauf. Allerdings, die artgerechte Tierhaltung gibt es meinst nur auf Bio-Höfen, die u.a. genügend Platz im Stall und Tageslicht bieten.
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Hot-Spot: Geflügelfabriken
Beispielsweise erlauben die Bio-Richtlinien für Bio-Geflügel eine maximale Herdengrösse von 500 Tieren. Im Vergleich: In der Schweizer Masthühnerhaltung leben durchschnittlich 6’000 Hühner pro Betrieb, in Österreich 20’000 und in Deutschland 50’000. Aber auch Anlagen mit 500’000 bis 800’000 Hühnern sind mittlerweile keine Ausnahme mehr. Viele Tiere leiden in ihrem kurzen Leben unter ständigen Schmerzen und Degenerationsfolgen. Durch die Turbomast mit eiweisshaltigem Gen-Sojamehl legt vor allem Geflügel derart rasant an Körpergewicht zu, dass die Knochen so schnell nicht mitwachsen können und häufig rachitisch verkrümmt sind. Die millionenfach gefolterten Hühner können häufig weder stehen noch laufen, sondern nur noch kriechen. Ungeachtet dessen ist der Markt mit Hühnerfleisch schon seit Jahren überversorgt, dennoch ist der Bauboom von Geflügenfabriken ungebrochen.
Dabei breiten sich zunehmend auch bakterielle Erreger in der Massentierhaltung aus, die gegen die gängigen Antibiotika resistent sind. Auch in der Schweiz haben sich zwischenzeitlich multiresistente Bakterien in verschiedenen Nutztierarten eingenistet. Dass dies direkte Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit hat, versteht sich von selbst.
Trotzdem picken bei uns erstaunlicherweise nur gerade sechs Prozent des Geflügels Bio-Futter.
Fleisch & Co. fordert viele Ressourcen…. Um die Versorgung unserer Nutztiere zu sichern, müssen riesige Mengen an Kraftfutter importiert werden, bekanntlich rund 50 Prozent des benötigten Bedarfs. Würde die Schweiz dieses Futtermittel selbst herstellen, müsste die bestehende Ackerfläche mehr als verdoppelt (!) werden.
Zunehmend stammen Schweizer Schweinsplätzli oder Pouletflügeli auch von Tieren, die mit Soja gemästet werden, dessen Anbau u.a. für die Abholzung des Amazonas-Regenwaldes in Brasilien mitverantwortlich ist.
- Hot-Spot: Der Soja-Wahn
- „Fleisch der Erde“ nennt man die Sojabohne in China, wo sie seit gut 3000 Jahren angebaut wird. Wegen ihres hohen Eiweissgehalts und ihrer speziellen Aminosäurenkomposition eignet sie sich wie keine andere Pflanze als Fleischersatz. Würden wir unseren Eiweissbedarf mit Soja statt Fleisch und Milch decken, würde dadurch die Umwelt grob gerechnet fünfmal weniger belastet. Aber nur gerade zwei Prozent des „Veggi-Fleisches“ werden von Menschen etwa als Tofu oder Milchersatz verzehrt. Der Rest wird verfüttert – an Hühner, Schweine, Rinder und Fische in Aquakulturen. Deren Höchstleistungsrassen können heute ohne Soja-Kraftfutter kaum noch in der vorgesehenen Höchstgeschwindigkeit zur Schlachtreife heranwachsen oder 10’000 Liter Milch im Jahr geben. Weil Soja zur „Droge“ industrieller Fleisch- und Milchproduktion geworden ist, hat sich ihre globale Anbaufläche seit 1960 auf 100 Millionen Hektar vervierfacht und deren Ertrag sogar auf 260 Millionen Tonnen verzehnfacht. Nach Weizen, Mais und Reis wurde sie die wichtigste Nutzpflanze. Soja ist die „Droge“ der industriellen Produktion von Fleisch und Milch.
Der Soja-Import hat verheerende Folgen. Wer bedenkt, welche ökologischen und sozialen Auswirkungen die heimische Fleischproduktion im Ausland verursacht, dem vergeht der Appetit gründlich. Sojafelder sind fast immer riesige Monokulturen und werden so quasi zu Sojawüsten – Sojawüsten mit katastrophalen Folgen für die regionale Biodiversität. Denn auf solchen Flächen gibt es keinen Lebensraum mehr für Vögel und andere Lebewesen. Wo früher grüner (Regen)Wald stand, gibt es nun grüne Agrarwüsten. Seit 2003 wurden für Sojafelder mehr als 70’000 Quadratkilometer Regenwald geopfert.
Rund 59 Prozent des weltweit produzierten Sojas sind genmanipuliert. Erhöhter Pestizidverbrauch mit all seinen negativen Konsequenzen sowie die Beherrschung des Marktes durch wenige Agrogrosskonzerne sind der hohe Preis, den die Gesellschaft dafür bezahlt. Dennoch sind die Gen-Soja-Ernten enttäuschend: Sie fallen im Vergleich zu normalen Soja-Sorten im Schnitt um 5 bis 20 Prozent geringer aus.
Nebenbei bemerkt sei auch die Tatsache, dass für die Produktion von Bio-Fleisch und Bio-Eiern 97 Prozent (!) der BioSoja in die Schweiz importiert werden muss.
- Hot-Spot: Die Artenvielfalt durch den Sojaanbau bedroht.
- Soja gehört zu den weitweit wichtigsten Nutzpflanzen – mit hohem Wachstumspotential. Allein zwischen 1960 und 2009 ist die Sojaproduktion um das fast Zehnfache gestiegen (von ca. 27 Mio. t auf knapp 230 Mio t). Seit 1970 verzeichnet Soja im Vergleich zu anderen Nutzpflanzen die höchsten Zuwachsraten.
- War die Sojabohne ursprünglich wegen ihres Öls und als alternative Proteinquelle für Fleisch as Lebensmittel geschätzt, ist die Ausweitung der heutigen Anbaufläche vor allem auf zwei Faktoren zurückzuführen: die Nachfrage von Soja als Biotreibstoff und Futtermittel. Fast 80% des Sojas werden weltweit als Futtermittel verwendet. 2010 stammten über 93% der weltweiten Sojaexporte aus nur vier Ländern: USA, Brasilien, Argentinien und Paraguay. Die wichtigsten Importländer sind China (37%) und die EU (28%).
- Der zunehmende Handel für Soja hat dazu geführt, dass die Anbauflächen in Südamerika drastisch ansteigen. Problematisch wird es besonders dann, wenn für die Ausweitung der Anbauflächen natürliche Ökosysteme zerstört werden.
- Der Sojaboom führt zum drastischen Rückgang der regionalen Artenvielfalt dieser Regionen.
- Von der Ausdehnung des Sojaanbaus sind in Argentinien bespielsweise die Trockenwälder des Chaco und die Nebelwälder betroffen. Die argentinischen Nebelwälder gehören zu den gefährdetsten Landökosystemen der Erde. In Paraguay sind von den atlantischen Regenwäldern nur noch wenig übrig. Brasilien hat die mit Abstand grösste Anbaufläche an Soja, allein in den letzten zwölf Jahren hat sich deren Fläche verdoppelt. Besonders betroffen ist dort der Cerrado sowie der tropische Regenwald des Amazonasgebietes.
- Obwohl weit weniger bekannt als das Amazonasgebiet zählt die Savanne Zentral-Brasiliens, der Cerrado, zu den artenreichsten Savannenlandschaften der Erde. Den Cerrado charakterisieren seine sehr vielfältigen Lebensräume mit hoher Artenvielfalt. Die Bedrohung dieses einmaligen Lebensraums ist immens. Im Jahr 2008 waren bereits 47% der natürlichen Lebensräume des Cerrado verschwunden, weil sie vor allem der Landwirtschaft geopfert wurden. Massgeblich dafür verantwortlich ist die Ausweitung des Sojaanbaus. Mittlerweile werden pro Jahr 14’000 km2 des Cerrado zerstört. Quelle: WWF 2011. Soja and the Cerrado
Was können wir tun…. Laut einer Studie von der Erklärung von Bern (EvB) in Auftrag gegebenen Studie, könnte allein die Halbierung des Fleischkonsums einen grossen Beitrag zur Verringerung der Umweltbelastungen durch die Produktion leisten.
Würde die Schweiz beispielsweise auf jeglichen Import von Futtermitteln und Fleisch verzichten, wäre sie gemäss der Studie trotzdem in der Lage rund die Hälfte des heute konsumierten Fleisches zu produzieren – nämlich ca. 28 Kilo pro Person und Jahr.
Zudem würde eine graslandbasierende, möglichst kraftfutterfreie Fleisch- und Milchproduktion nicht nur Tiere und Umwelt schützen sondern könnte überdies das Argument der Swissness überzeugender einsetzen, als wenn rund 50% des Kraftfutters für die tierische Produktion importiert werden müssen.
Und hier noch einige Tipps mehr dazu:
- grundsätzlich weniger Fleisch
- wenn Fleisch, dann Bio-Fleisch – am besten direkt ab Hof
- wenn Fleisch, dann nicht nur Filetstücke
- saisonales Obst und Gemüse bevorzugen
- den Konsum von Käse, Milch und Butter einschränken

