Veröffentlichung: 31.08.12; Aktualisierung: 22.04.14
Bald zählt die Schweiz mehr als acht Millionen Einwohner … Durch das stetige Wirtschafts- und dazugehörige Bevölkerungswachstum dehnt sich die Siedlungsfläche stetig aus. Das Schweizer Mittelland wächst sichtbar zu einer durchgehenden Agglomeration zusammen. In den letzten 75 Jahren hat sich die Siedlungsfläche der Schweiz auf über 2500 km² verdoppelt.
Mitte der neunziger Jahre beanspruchte jede in der Schweiz lebende Person durchschnittlich 397 m² Boden. Je nach Region unterscheidet sich dieser Wert allerdings stark. Die Bandbreite reicht von 131 bis zu 711 m²(!). Mit Massnahmen zur nachhaltigen Entwicklung von 2002 möchte der Bundesrat den Pro-Kopf-Flächenverbrauch bei 400 m² stabilisieren. Denn die nicht erneuerbare Ressource Boden muss dringend effektiv geschützt werden.
Regionale Kreisläufe und lokale Lebensmittel. Trotz steigender Nachfrage nach lokalen Lebensmitteln, wird die vorgeschriebene Mindestfläche an landwirtschaftlich wertvollem Land (Fruchtfolgeflächen) wenn überhaupt nur noch äusserst knapp erreicht(!). In diesem Zusammenhang stellt sich natürlich auch die Frage nach der Ernährungssicherheit. Den Ernährungssicherheit setzt voraus, dass wir die landwirtschaftliche Nutzfläche effektiv schützen.
Haushälterischer Umgang mit der Ressource Boden…… Die landwirtschaftliche Nutzfläche ist die am schlechtesten geschützte Fläche. Aus diesem Grund findet die Siedlungsentwicklung meinst auf Kosten der landwirtschaftlichen Nutzfläche statt. Im Kanton Zürich u.a. ist die Zerstörung der landwirtschaftlichen Produktionsfläche aufgrund des starken Siedlungswachstums besonders ausgeprägt, in den letzten 25 Jahren wurden rund 60 km² Kulturland in Siedlungsfläche umgewandelt. Mit der Annahme der Kulturlandinitiative am 17. Juni 2012 sollen nun endlich wertvolle Landwirtschaftsflächen geschützt werden.
Lebendiger Boden…..
Aber nicht nur die enorme Flächenversiegelung (Bodenversiegelung) sondern auch der Umgang mit der „Ressource Boden“ ist mehr als bedenklich. Ein fruchtbarer, lebendiger Boden ist die Grundlage für alles Leben auf unserem Planten. Ihm Sorge zu tragen, muss unser aller Anliegen sein.
Der Boden, den wir für eine bleibende und unzerstörbare Materie halten, ist in Wirklichkeit ein sensibler Organismus. Ein Organismus, dem unverkennbar auch die hochmoderne Landwirtschaft nicht gut bekommt. Die Bodenfruchtbarkeit ist weltweit am dahinschwinden. Dies liegt nicht zuletzt im System der industriellen Landwirtschaft, den dazugehörigen Maschinenpark und dem uferlosen Dünger- und Chemieeinsatz
Fünf Jahrzehnte moderne Landwirtschaft hinterlassen Millionen Hektar von entblösstem, ausgelaugtem und versalzenem Boden. Der Verlust beträgt mehr als ein Drittel des fruchtbaren Bodens der Welt. Die modernen Farmen in aller Welt könnten ihre Rekordernten ohne künstlichen Dünger gar nicht einbringen, ohne dessen Komponenten Stickstoff, Kalium und Phospor wäre die industrielle Landwirtschaft in diesem Masse nie aufgekommen.
Unsere Gesellschaft hat wortwörtlich den Boden aus den Augen verloren!
Überdies werden aller Voraussicht nach die Klimaveränderungen, die wir bereits jetzt spüren, weiter zunehmen. Unsere Böden werden diese Wetterextreme zukünftig abpuffern müssen, um massive Ernteausfälle zu vermeiden. Um Dürren zu meistern, muss der Boden mehr Feuchtigkeit speichern können, um Überschwemmungen Stand zu halten, muss das Wasser im Boden rasch versickern können, um Stürme zu überstehen muss der Boden bedeckt bleiben.
Das heisst, der Boden muss zukünftiger weit aus schonender, produktiver und klimafreundlicher bearbeitet werden, wenn binnen kurzem eine Weltbevölkerung von mehr als 8 Milliarden Menschen ernährt werden soll.
Gesucht sind Alternativen….
Durchaus lohnend ist ein Blick in die Geschichte der Bodenbearbeitung. Wertvolles Wissen früherer Generationen ist heute in Vergessenheit geraten. Schon die Inkas verstanden, was Bodenfruchtbarkeit bedeutet, wie sie sich erzeugen und bewahren lässt.
Mehr als ein Drittel der globalen Ackerflächen (1,3 Milliarden Hektar), also über 400 Millionen Hektar weltweit, haben im 20. Jahrhundert ihre Fruchtbarkeit verloren, weil sie falsch bearbeitet wurden. Auch in diesem Jahrhundert stört sich niemand daran. Die Bodenvernichtung geht munter weiter. Sämtliche Methoden, um die Böden zu verbessern und Schäden wie den massiven Humusverlust zu beheben, fristen eine Nischenexistenz. Das beginnt bei der geheimnisvollen Terra Preta, setzt sich über die Pflanzenkohle (Biokohle), reicht über die diversen Humusinitiativen, den pfluglosen Ackerbau bis hin zum Einsatz der Effektiven Mikroorganismen zur Belebung der Bodenfauna sowie allgemein zum ökologischen Landbau.
Alle diese Methoden sind vorhanden. Doch offensichtlich fehlt der Wille, sie weiter zu erforschen und für den grossflächigen Einsatz vorzubereiten.
Essen ist Leben…. Neben Wiederaufbau und Vorsorge gibt es weitere Möglichkeiten, um dem Problem der Bodenknappheit zu begegnen. Allein das Missmanagement bei allen Gliedern unserer Nahrungskette verschlingt mehr als die Hälfte der Ernten. Der Film von Valentin Thurn – Taste the Waste – zeigt dies auf eindrückliche Weise.
Grund und Boden: Privateigentum oder Gemeingut….
Jean-Jacques Rousseau schrieb im 18. Jahrhundert „Die Früchte gehören euch allen, aber der Boden gehört niemandem“.
Kulturlandschaften, landwirtschaftliche Flächen aber auch Wald und Urwald galten in vielen Teilen der Erde als unverkäuflich, es wurden regional Nutzungsrechte vergeben. Zum Beispiel erhielt die Kulturlandschaft am Fusse der Eigernordwand ihr Gesicht nach den Regeln der ersten schriftlichen Alpverfassung. Jahrhundertelang wurde so die Übernutzung der Weiden verhindert und lokales Wissen sowie die Kultur der Alpwirtschaft gepflegt. Andere Beispiele sind die frühere Nutzung der Urwälder in Südamerika oder die heute noch vielfach kleinbäuerliche Landwirtschaft in Afrika. In Guatemala entschied über die Nutzung des Bodens ein Kommission, das aus meist älteren Oberhäuptern verschiedener Familien bestand.
Solche Regelungen sind mehr als vernünftig, denn während die Bevölkerung und die Wirtschaft wachsen, ist die Fläche, der Boden der Erde begrenzt. Wirtschaftliche Güter sind in der Regel vermehrbar und auch ersetzbar – für Boden trifft dies nicht zu. Darum ist es sinnvoll, Gemeineigentumsrichtlinien zu fördern und weiterzuentwickeln.
Denn der Boden ist unsere Existenzgrundlage….

