Eine Stellungnahme der SVIL
Die vorliegende Revision des Raumplanungsgesetzes legt eine Auseinandersetzung mit der räumlichen Entwicklung der Schweiz nahe. Aber tut die Revision das tatsächlich? Dass die Bauzonen nicht grösser sein dürfen als der Bedarf für die nächsten 15 Jahre, ist bereits geltendes Gesetz. Die Frage ist vielmehr, wie gross denn der Bedarf für die nächsten 15 Jahre aus den wuchernden Agglomerationen abgeleitet werden darf und kann? Im Grunde wird doch der aktuelle Trend eines masslosen Wachstums flugs zum anerkannten Planungsziel erklärt und zusätzlich mit der doch sehr pauschalen Behauptung überdeckt, die Bauzonen seien nicht zu gross sondern lediglich am falschen Ort.
Hier müsste zuerst geklärt werden, ob rechtsgültige Bauzonen für 10 Millionen Einwohner nicht gesamthaft zu gross sind?
Wenn wir die Bauzonen aus den sogenannt weniger geeigneten Standorten der Peripherie (Wallis) in die gut erschlossene Bandstadt des Mittellandes umlegen, dann werden erstens die heutigen rechtgültigen Bauzonenreserven schneller überbaut und zweitens verlieren wir dadurch ausschliesslich die besten Böden des noch verbliebenen Landwirtschaftslandes, während die Bevölkerung noch schneller wächst, als dies ohne diese raumplanerische Intervention der Gesetzesänderung der Fall wäre.
Das landschaftsästhetische Argument ist auch ein Argument, aber die Ernährungsgrundlage geht vor.
Dass die Raumplanung in der Vergangenheit ein Vollzugsdefizit aufweist, zeigt, dass wichtige Fragen nicht geklärt sind. Der im Raumplanungsgesetz verankerte Bundessachplan Ernährung macht nur Sinn, wenn der Bund die Qualitätsanforderungen an die besten Ackerböden auch klar für die ganze Schweiz definiert. Die Raumplanung kann ja im Vollzug nur zu konkreten Ergebnissen beim Bodenschutz gelangen, wenn Kenntnis über die Knappheit besteht. Im Vollzug müssen dann mit geeigneten Planungsmitteln die verschiedenen raumbeanspruchenden Interessen koordiniert und so eine geordnete Raumentwicklung erzeugt werden, wo Boden nicht nur Kapitalanlage sondern eben auch Lebensgrundlage ist.
Anstatt dass die jetzige Revision des Raumplanungsgesetzes dem Vollzug unter die Arme greift, verschiebt sie die Gewichte weg auf eine stark obrigkeits- und verwaltungslastige Raumplanung. Das erstaunt in zweifacher Hinsicht. Erstens bekommt man den Eindruck, die Politik habe an den guten Beispielen der raumplanerischen Praxis in der Schweiz, welche hier nachahmenswerte Belege darstellen, angestrengt vorbeigeschaut. Zweitens bekommt man den Eindruck, man bevorzuge eine Lösung, welche die dezentrale föderale Raumstruktur der Schweiz durch staatliche Anordnung leichter ersetzen und neu als Metropole Schweiz betreiben möchte.
Das in der Volksabstimmung von 1976 abgelehnte Raumplanungsgesetz scheiterte genau an diesem Punkt der Mehrwertabschöpfung, die dann im Gesetz von 1979 durch eine bewusst föderalistische und die vielfältigen Interessen am Boden koordinierende Raumplanung ersetzt wurde. Wenn anschliessend der damals greifbare Durchbruch nicht erreicht wurde, so lag das nicht an der Untauglichkeit jener Vorlage, sondern daran, dass mit dem Schutz der Fruchtfolgeflächen (FFF) seit der Absetzung der damaligen Bundesrätin Kopp nicht mehr Ernst gemacht wurde. Allein dadurch, dass in Art. 15 der jetzigen Vorlage bei den Bauzonen die Erhaltung der Fruchtfolgeflächen erwähnt ist, ist dieses grosse Defizit noch längst nicht behoben. Wie viele Fruchtfolgeflächen liegen noch in den Bauzonen? Anschliessend an die versandeten Bemühungen um die FFF verfolgte die später folgende Motion Zimmerli aus Sicht der damals anstehenden GATT-Verhandlungen die Schwächung der Trennung zwischen Bauzone und Landwirtschaftszone. Es liegt durchaus in der Logik dieser Entwicklung, wenn nun in der aktuellen Vorlage wieder auf die seinerzeit vom Volk abgelehnte Vorlage von 1976 zurückgegriffen wird. Die Mehrwertabschöpfung gibt dem Staat mehr Kompetenzen, die Entwicklung der Metropole Schweiz auf Kosten der immer noch dezentralen Unternehmer- und Eigentumsstruktur zu fördern. Die Kritiker der Mehrwertabschöpfung sehen das durchaus richtig. Nur müssen aus dieser Erkenntnis endlich die richtigen Schlüsse für den Vollzug gezogen werden. Dann muss man auch bereit sein, eine gesellschaftliche Alternative zu einer 10 Millionen Schweiz ebenfalls mit zu unterstützen.
Zürich, 14. Februar / SVIL / Der Vorstand

