Der Boden im Schweizer Mittelland gehört zu den fruchtbarsten der Welt.
Der Boden in, um und zwischen den Schweizer Großstädten gehört zu den Begehrtesten.
Um die Zersiedelung zu stoppen und Erholungsgebiete und Landwirtschaftsflächen zu erhalten nahmen die Stimmbürger des Kantons Zürich am 17. Juni 2012 die Kulturlandinitiative an.
“Wertvolles Kulturland soll nur noch eingezont werden können wenn Ersatz geschaffen wird” (Zitat des Initiativentextes).
Ist das umsetzbar?
“…Die Aufwertung von Boden zu Ackerland ist nicht billig. Im Vergleich mit dem Wert von Bauland sind die Kosten jedoch vernachlässigbar. …” schreibt dazu Stefan Hotz im Artikel”gutes Ackerland aufbauen ist nicht banal”.
Hans Bieri erinnert, dass sich die vorgeschlagenen Massnahmen in der Vergangenheit nicht bewährt haben und fordert als erstes die Überprüfung der noch vorhandenen Fruchtfolgeflächen.
Hier seine kritische Stellungnahme zu „Gutes Ackerland aufbauen ist nicht banal; Der Vollzug der Kulturlandinitiative durch Verbesserung der Bodenqualität kann für Bauern eine Chance sein“, NZZ, 1. Februar 2013, S. 15
„Wertvolles Kulturland soll nur noch eingezont werden, wenn Ersatz geschaffen wird.“ So fasst die NZZ den Kerngehalt der Kulturlandinitiative des Kantons Zürich zusammen. Ein Thema, das die Ernährung der gesamten Gesellschaft angeht und nicht nur die „Bauern“.
Da der Boden die Naturgrundlage schlechthin und nicht vermehrbar ist, bedeutet dies, dass Neueinzonungen von Bauland an einem Ort nur möglich sind, wenn andernorts ausgezont wird. Um das Potential zu kennen, wie viel bestes Ackerland bei gleich bleibender Bauzonengrösse durch Landumlegungen und Siedlungsgestaltung vor der Überbauung freigehalten werden könnte, müsste man jedoch wissen, wie viel Ackerland von welcher Qualität (Fruchtbarkeitsstufe) innerhalb sowie aussen angrenzend an die Bauzonen sich befindet. Leider hat der Kanton Zürich bei der Überprüfung der noch vorhandenen Fruchtfolgeflächen 2011 gerade diese raumplanerische Abklärung nicht gemacht, obwohl die Kulturlandinitiative bereits in Sicht war und bereits bekannt war, dass der Kanton Zürich die vom Bundessachplan Ernährung verlangten Fruchtfolgeflächen bereits deutlich unterschritten hat. Das Potential, bestes Ackerland durch Landumlegungen zu schützen, ist somit trotz erheblichem Raumbeobachtungsaufwand nicht bekannt und folglich auch die Behauptung der NZZ nicht belegt: „In der Praxis wird dieser Weg wohl nur für kleinere Parzellen im Vordergrund stehen, weniger bei grösseren Flächen“.
Seit dem 1. Januar 1980 haben die Behörden die Möglichkeit unter Wahrung der Eigentumsgarantie bodensparende Landumlegungen für eine strukturierte Siedlungsentwicklung anzuordnen. Dies geschieht jedoch nicht. Es ist das bekannte Vollzugsproblem, das auch mit der Mehrwertabschöpfung nicht gelöst ist.
Stattdessen wird nun versucht, die Forderung der Kulturlandinitiative nach einer Beschränkung der Bauzone folgendermassen zu durchbrechen: Gemäss Vorschlag des Kantons Zürich sollen Bauzonen auch in Zukunft weiter ausgedehnt werden können, wenn dafür der abgestossene Humus, der bei der Bautätigkeit anfällt, auf das verbleibende Landwirtschaftsland ausgebracht und zur Bodenverbesserung des weiter abnehmenden Landwirtschaftslandes verwendet wird.
Die so erreichte Qualitätsverbesserung von Landwirtschaftsböden soll in Flächenaequivalente umgerechnet werden, welche das Mass der zukünftigen Bauzonenerweiterung bestimmen. Die Bautätigkeit bestimmt in einer Art Zirkelschluss über den freigesetzten Humus die zukünftigen Einzonungen, die dann bei ihrer Überbauung wieder weiteren Humus freisetzen, etc..
Zunächst einmal war es schon in der Vergangenheit bewährte Praxis, dass die Baufirmen den auf den Baustellen anfallenden Humus stets auf baustellennahes Landwirtschaftsland zur Bodenverbesserung ausgebracht haben, bis – nur nebenbei erwähnt – die Amtsstellen selbst gegen diese „Banalisierung“ der Landschaft und des natürlichen Reliefs eingeschritten sind und diese Verwendung von gutem Bodenmaterial unterbunden haben.
Nun ist im Kanton Zürich bereits zu viel Fruchtfolgefläche überbaut worden. Fruchtfolgeflächen sind bestes Landwirtschaftsland und beinhalten die Fruchtbarkeitsstufen 1 bis 5. Dies sind die bestklassierten Böden, auf denen langfristig Ackerbau mit hohen Erträgen betrieben werden kann, ohne dass die Bodenstruktur geschädigt wird.
Um aus der Klemme der inzwischen fehlenden Fruchtfolgeflächen herauszukommen, sollen Landwirtschaftsböden, welche wegen zu hohen Niederschlägen, mangelnder Gründigkeit, ungünstigem Relief etc. die Qualitätsanforderungen von Fruchtfolgeflächen nicht erfüllt haben, mit Aushubmaterial so aufgebessert werden, dass sie neu als Fruchtfolgeflächen gelten können. Das ändert jedoch nichts daran, dass die besten Böden weiter überbaut werden und die künstlich geschaffenen Ersatzböden die Qualität und Resilienz der natürlich gewachsenen Böden nicht ersetzen können. Dazu kommt, dass die vom Amt für Landschaft und Natur genannten Bodenverbesserungskosten von Fr. 30.- pro Quadratmeter Landwirtschaftsland optimistisch gerechnet sind und nur gelten, wenn die Transportdistanzen sehr kurz bleiben. Zudem sind qualitativ schlechtere Böden meist vernässt, druckempfindlich und verlangen auch längerfristig nach weiteren teuren Unterhaltsmassnahmen.
Bei einem landwirtschaftlichen Ertragswert von rund 50 Rappen und bei einem landwirtschaftlichen Bodenpreis von 7 bis 15 Franken soll nun für Fr. 30.- pro Quadratmeter bestehendes intaktes Landwirtschaftsland in seiner Qualität verbessert werden. Eine Bodenverbesserung, die verglichen mit dem Aufwand bescheiden ist und in der Langzeitwirkung unsicher bleibt.
Den Fr. 30.- pro Quadratmeter steht kein ökonomischer Gegenwert gegenüber. Einerseits dehnt sich das Bauland weiter aus und andererseits werden auf das abnehmende Landwirtschaftsland Investitionen getätigt, die den Ertragswert um das sechzig- bis achtzigfache übersteigen, um auf diesen sehr kostspielig bearbeiteten Böden dann Lebensmittel zu produzieren. Und das erst noch unmittelbar vor der verlangten vollständigen Beseitigung des Agrarschutzes. Aber auch vom Gesichtspunkt einer ökologischen Bilanzierung ist ein CO2 emittierender Erdtransport und Baumaschinenaufwand in genannter Höhe ausserhalb jeder Verhältnismässigkeit. Zudem wurden bisher Bodenverbesserungen, die über 4 Franken pro Quadratmeter liegen, von der öffentlichen Hand nicht mehr unterstützt.
Viel sinnvoller wäre es, mit Entflechtungsumlegungen einerseits gewachsene beste Landwirtschaftsböden von der Überbauung auszunehmen und im Gegenzug die Siedlungsentwicklung bodensparend und an rationelle Infrastrukturen angepasst zu entwickeln. Solche Entflechtungs- und Bodenordnungsmassnahmen kosten deutlich weniger als 30 Franken pro Quadratmeter und haben überdies den grossen Vorteil, dass sie nicht nur beste Landwirtschaftsböden schützen, sondern vor allem die Qualität der bodensparenden Siedlungsentwicklung — also den raumplanerischen Vollzug — praktisch voranbringen.
Investitionen in die Qualität unserer Bodenordnung und eine Stabilisierung des unsere Ressourcen überfordernden Wachstums sind aber so lange kein Thema, als es viel einfacher ist mit kreativen Buchhaltungsmethoden den bisherigen Bodenverbrauch fortzuschreiben und im Gleichschritt mit der Geldpolitik auf Kosten unserer Nachfahren „Zukunft zu kaufen“.
Zürich, 5. Februar / SVIL / Hans Bieri

