“Eine Nation, die ihren Boden zerstört, zerstört sich selbst” (Franklin D. Roosevelt). Durch Übernutzung und/oder Verstädterung wird der Boden zerstört. Wollen wir das?
Die folgenden 3 „Beiträge“ zum Nachdenken und zur Meinungsbildung:
- “Macht Handel satt?”, Vortrag von Prof. Dr. B. Lehmann
- “Agrarpolitische Mythen, Argumente zur Versachlichung der Debatte”, Schrift von avenir suisse
- “Grundlagenirrtümer zur Agrarpolitik”, Aufsatz von Hermann Dür, Lic.oec. HSG
1. Vortrag “Macht Handel satt?” von Prof. Dr. Bernhard Lehmann zum Welternährungstag 2010 (damals Professor an der ETHZ und heute Direktor des Bundesamtes für Landwirtschaft):
Anhand von offiziellen Statistiken und Prognosen wird die Herausforderung Ernährungssicherheit -global und in der Schweiz, lokal und im internationalen Handel, aufgezeigt. Zum Vergrössern der Folien bitte darauf klicken. Die ganze Präsentation finden Sie hier >>>
2. Schrift „Agrarpolitische Mythen, Argumente zur Versachlichung der Debatte“ von avenir suisse, think tank for economic and social issues, 2003.
avenir suisse versucht, die emotionale Diskussion auf eine rein ökonomische Ebene zu bringen. Ob dieser limitierte Ansatz wirklich „zu (einer) realistischeren Vorstellung über die Landwirt-schaft“ (Zitat S. 14) führt sei dahingestellt – für eine rein ökonomischen Betrachtung scheinen mir die globalen Aspekte zu fehlen und für l‘avenir de la Suisse gehörte aus meiner persönlicher Sicht auch unser hohe Lebensstandard, u.a. dank der nachhaltigen Landwirtschaft, dazu. Zusammenfassend die publizierten sieben „Realitäten“:
- “Realität: Für ihre Versorgungssicherheit profitiert die Schweiz von einem offenen Welthandelssystem.“
- “Realität: Der Strukturwandel ist sozialverträglich. Grossbetriebe gibt es kaum, industriell ist die Landwirtschaft dennoch.”
- “Realität: Freie Agrarmärkte erhöhen die Ernährungssicherheit. Der Agrarschutz der reichen schadet den Bauern der armen Länder.“
- “Realität: Der „faire Preis“ ist Ansichtssache. Auch bei Nahrungsmitteln sichern Marktpreise eine effiziente Versorgung.“
- “Realität: Die heutigen Direktzahlungen sind wenig geeignet, um die multifunktionalen Ziele zu erreichen.”
- “Realität: Nahrungsmittel sind in der Schweiz nicht deshalb teurer, weil sie besonders ökologisch produziert ewrden.
- “Realität: Das bäuerliche Bodenrecht strapaziert Grundrechte und bremst den Strukturwandel.”
3.Die „Grundlagenirrtümer zur Agrarpolitik“, Aufsatz von Hermann Dür, Lic.oec. HSG und hauptberuflich im Industriemanagement in den Bereichen Lebensmittel und Logistik tätig, 2011 (eine Zusammenfassung wurde zuerst in der “Zeit” publiziert – den ganzen Aufsatz finden Sie hier >>>)
H. Dür plädiert für eine systemische Betrachtung, bei der ausser der „wirtschaftlichen auch die technologischen, gesellschaftlichen und ökologischen Aspekte berücksichtigt werden müssen. Der ganzheitliche Ansatz bei der Analyse der Landwirtschaft kommt zwingend zu anderen Schlüssen als z.B. ein rein finanziell ausgerichteter Ansatz. Der systemische ökonomische Ansatz beachtet … auch nichtmonetäre Ziele … wie z.B. Versorgungssicherheit, soziale Stabilität, etc. als ökonomische Güter. Und er setzt auch Externalitäten (z.B. im Bereich Umweltverschmutzung, sozialer Frieden etc.) als Kosten oder Nutzen in Vollkostenrechnungen ein.“
Der Ökonom widerlegt folgende 10 „Mythen“ und fordert eine Vollkostenrechnung, bei der „Einsparungen und vermiedene Opportunitätskosten, aber auch die Kosten der negativen Skaleneffekte und die nichtfinanziellen Effekte wie moderne Risiken einfliessen“, damit die Schweizer Bürger über genug Information verfügen, um kompetent politische Entscheide zu treffen.
Mythos 1: Die Marktwirtschaft ist immer überlegen Mythos 2: Ernährungssicherung ist kein Thema für die Schweiz Mythos 3: Unser Wohlstand hat nichts mit Landwirtschaft zu tun Mythos 4: Kleinbetriebliche bäuerliche Landwirtschaft ist unzeitgemäss Mythos 5: Die Schweizerische Landwirtschaft wird durch Exportmärkte für ihre Rohstoffe im Ausland gestärkt Mythos 6: Traktor = Reichtum Mythos 7: Die zu hohen Lebensmittelpreise wegen der Landwirtschaft Mythos 8: Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit ist das Erfolgsrezept – die Industrie funktioniert ja genau gleich Mythos 9: Gute Qualität ersetzt Agrarzölle Mythos 10: Der Unausweichlichkeits-Mythos u.a. Worthülsen
Zusammenfassung /Schlussfolgerung:
- 2050 werden weltweit doppelt so viele Lebensmittel gebraucht wie heute: Ernährungssicherheit ist eine wachsende, globale Herausforderung.
- Rein geld-ökonomisch betrachtet ist die Landwirtschaft in keinem Industrieland rentabel.
- Die Ernährungssicherheit der Schweiz ist abhängig von einem offenen, preisstabilen, und von (politischen, wirtschaftlichen und klimatischen) Krisen unabhängigen Weltmarkt.
- Eine ganzheitliche, systemische Betrachtung unseres Primärsektors drängt sich auf, bei der nebst der wirtschaftlichen und der technologischen auch die gesellschaftlichen und ökologischen Aspekte berücksichtigt werden.
- Die künftige nachhaltige Nutzung des aktuellen Schweizerischen Produktionspotentials ist Voraussetzung zum Beibehalten des aktuellen Selbstversorgungsgrad.
- Deshalb brauchen wir die Erhaltung und Stärkung einer eigenen produktiven und nachhaltigen Landwirtschaft mit gesunden Lebensmitteln.


