… angereicherte Gülle
Es gibt fast keine Miststöcke mehr auf den Bauernhöfen; die meisten Ställe sind mit Entmistungsanlagen ausgerüstet.
Bis in die 60er Jahre hat man den Mist auf den Stock geführt und der Harn als Gülle verteilt. Dann kamen die hochrationellen Stallhaltungsformen mit Schwemmentmistung. Die Mistgabel wurde durch Breitschieber mit Seilzugantrieb oder Hydraulikantrieb, Schubstangensystem mit Hochförderer oder Druckentmistung ersetzt, Fest- und Flüssigmist (Mist und Gülle) werden zusammen entsorgt und zwischengelagert bis sie weiterverwendet wird.
Weil im Zwischenlager Jauchebehälter weder rein aerobe, noch rein anaerobe Milieus herrschen setzt eine Methangas Gärung ein, welche auch Kohlenstoff dioxyd und Schwefelwasserstoff bildet.
Wird die Gülle gemischt und aufgerührt (z.B. zum Entnehmen) und dadurch die natürliche Schwimmschicht (ca. 10 cm) an der Oberfläche zerstört, nehmen die Ammoniak-Emissionen sogar bis um das 10-fache zu (1).
Das macht die moderne (konventionelle aber leider auch zu einem wichtigen Teil die Bio-) Landwirtschaft zu einem der grössten Umweltverschmutzer, u.a. wegen dem diffusen Milieu im Behälter.
Was uns in der Nase stört, stört die im Boden noch viel mehr! Giftig für den Menschen, verschmutzen diese Giftgase auch unsere Luft, den Boden und das Wasser.
Das muss nicht sein, wenn das Milieu im Güllebehälter entweder durch Belüftung und Steinmehlzusatz klar aerob gehalten wird (hoher Energieaufwand), oder dann durch totalen Abschluss vor Sauerstoffeintrag, klar anaerob gehalten wird. Der Ausschluss von Sauerstoff bewirkt eine Fermentierung, vergleichbar der Silage oder Sauerkrautproduktion. Die Zugabe von Steinmehl oder Kohlenstoff aus pyrolyseverfahren, vergrössert die Oberfläche, an der sich Stickstoff organisch binden kann.
Als Stabilisator wird Biomasse genommen: das kann Steinmehl oder Stroh sein, Erntereste oder pyrolysierter Grünabfall, je nach dem, was auf dem Hof zur Verfügung steht.
Gülle als Belaster oder Enlaster
Kommt die Gülle unbehandelt aufs Feld, verhindert der darin vorwiegend in wasserlöslicher Ammoniakform enthaltene Stickstoff den Pflanzen die Aufnahme von Spurenelementen und Mineralstoffen aus der Erde und den Aufbau von Humus. (Zwangs-ernährung durch osmotischen Druck)
Das bewirkt:
- Mangel an Spurenelementen und Mineralstoffen in der Nahrung
- Erhöhter Zukauf von Mineraldünger im Anbau, und Mineralstoffe in der Nahrung
- Abtötung der Bodenpilze und Bakterien welche die Boden induzierte Resistenz gegen Krankheiten und Schädlinge aufbauen
- Die Umwandlung von N im Boden zu Lachgas, das 300 mal schädlicher ist als CO2
- Verunmöglichung von Humusaufbau, gesteigerte Erosion, vermindertes Wasser- aufnahme und -haltungsvermögen der Erde.
Kommt die Gülle behandelt, d.h. fermentiert, aufs Feld, ist der darin enthaltene Stickstoff weitgehend in organisch gebundener Form. (keine Zwangsernährung der Pflanzen)
Das ermöglicht
- Den Pflanzen die Aufnahme von durch Bodenorganismen aufbereitete, im Boden vorkommende natürliche Spurenelemente und Mineralstoffe
- Den Aufbau von Humus,wenn genügend organisches Material aus Pflanzenresten und/oder Gründüngung vorkommt, wozu CO2 aus der Luft absorbiert wird
- Die Vermehrung von Leguminosen (Knöllchenbakterien) Bakterien wie Azotobakter, welche Stickstoff aus der Luft binden und Pflanzen verfügbar machen.
Zuviel Stickstoff
Bis 1957 war es verboten, auf Grünland Dünger während der Vegetationsperiode zu streuen: 1938 brauchte man in der Schweiz 20-25kg Stickstoff /ha. Mit den kürzeren Strohsorten beim Weizen, dem Silomais und der Erlaubnis, auf Grünland Stickstoff zu streuen nahm der Verbrauch ab den 60er Jahren zu.
Heute werden in der Schweiz auf Grünland bis zu 150 kg Reinstickstoff pro ha und Jahr ausgebracht, im Ackerbau ist es noch mehr… Dabei könnte man 70kg Stickstoff gratis aus der Luft beziehen, nur mit einer einfacherer, lies weniger Bodenbearbeitung, der Befolgung von intelligenten Fruchtfolgen und der Aufbereitung von Gülle.
Deshalb setzt sich Ernst Frischknecht, Pionier der Biologischen Landwirtschaft, seit 30 Jahren für eine Nitratsteuer ein. Bis heute stiess er „in Bern“ auf taube Ohren, weil Stickstoff, Auslöser diverser Krankheiten und massgebender Faktor der Treibhausgase, gern nur als Motor des Wachstums dargestellt wird.
Affaire à suivre …
Weiterführende Texte:
- Humusbilanz, eine Publikation der Landwirtschaftskammer Niedersachsen >>>
- Vergleich der Wirkungen von Gülle mit Stallmist und Jauche im Ökologischen Landbau von der Bayrischen Landesanstalt für Landwirtschaft >>>
- (deutsche) Direktzahlungen-Verpflichtungenverordnung. Tabellen mit Kennzahlen zur fruchtartspezifischen Veränderung des Humusvorrates (Humusbedarf) des Bodens ab Seite 7 >>>
und die damit verbundene Infobroschüre über einzuhaltende anderweitigen Verpflichtungen (Cross Compliance) >>> - Bodenwelten.de >>>
- Die Dünne Haut der Erde, Website zum Film (3sat) >>>
- Stickstoff in der Landwirtschaft (Schriftenreihe der FAL (57), 2005 >>>
- Stickstoff als Herausforderung; Arbeiten im Auftrag des BLW, 2011 >>>
- Emission von Ammoniak (NH3) und Lachgas (N2O) von landwirtschaftlich genutzten Böden in Abhängigkeit von produktionstechnischen Maßnahmen, Dissertation von B.C.E.Leik, 2003 >>>
- Merkblatt der Bayrischen Staatsministerien für Landwritschaft … zur Verminderung gasförmiger Emissionen in der Tierhaltung Ammoniak Methangas und Lachgas >>>
- Interessengemeinschaft Effektive Mikroorganismen Schweiz >>>
- Ithaka-Journal, die Seite zum Film “Biokohle für Biowein” >>>
- Mehr über Gülle auf Wikipedia >>>
Videos zum Thema:
Die Dünne Haut der Erde, ein Film von 3sat:
Biokohle für Biowein, eine Reportage des SRF über die Herstellung von Pflanzenkohle:
Thomas Rippels Präsentation “Breaking the Wall of Sustainable Farming”:


Das ist wirklich ein toller Beitrag!