Veröffentlichung: 08.12.11; Aktualisierung: 31.03.14
Lebensmittel enthalten von Natur aus Bestandteile in Nanometergrösse. Alltägliche Nahrungsmittel wie beispielsweise Milch beinhalten Nanostrukturen.
Nun aber finden immer mehr synthetische Nanomaterialien Einzug in den Lebensmittelsektor. Besonders häufig werden sie in Nahrungsergänzungsmitteln, für Lebensmittelverpackungen und in der Landwirtschaft als Bestandteile von Agrochemikalien eingesetzt.
Was sind eigentlich Nanomaterialien?
Es gibt verschiedene Ansätze, um Begriffe wie Nanotechnologie, Nanomaterialien oder Nanopartikel zu beschreiben. Eine allgemein anerkannte Definition von Nanomaterialien bzw. Nanopartikel gibt es bis heute nicht.
Dennoch,Nanopartikel sind kleinste Partikel in der Grössenordnung von Atomen und Molekülen. Sie werden durch Techniken der Materialbearbeitung hergestellt: die Nanotechnologien. Meist gelten Partikel mit einer grösse unter 100 nm als Nanopartikel (1 Nanometer (nm) ist ein Tausendstel eines Mikrometers, ein Millionstel eines Millimeters und ein Milliardstel eines Meters).
Gefährliches Spiel mit unbekannten Risiken
Zu einer Zeit, in der es dringend notwendig wäre, eine zukunftsfähige Landwirtschaft zu fördern, wird durch die Nanotechnologie eine neue Generation von Agrochemikalien eingeführt, die möglicherweise noch wesentlich gefährlicher für die Umwelt ist als die derzeit verwendeten Mittel. Zudem kann die Nanotechnologie zu einer vermehrten Anwendung der Genmanipulation bei Nutzpflanzen beitragen sowie zu einer weiteren Monopolisierung seitens der Agrochemiekonzerne in der landwirtschaftlichen Produktion führen.
Naive Gesetzgeber
Bereits auf dem Markt sind Pestizide, bzw. Pestizidemulsionen (z.B. von Bayer Crop Sience und Syngenta), die Wirkstoffe im Nanoformat enthalten. Sie lösen sich in Wasser besser auf, ihre giftige Wirkung ist grösser und hält länger an. Ausserdem können sie nicht von der Pflanze abgewaschen werden, da sie in die Zellen eindringen. Die Wirkstoffe sind zum Teil in winzigen Nanokapseln enthalten, die ihren Inhalt sehr schnell, verlangsamt oder nur unter bestimmten Voraussetzungen freisetzen, abhängig beispielsweise von Feuchtigkeit, ph-Wert, Wärme, oder bestimmten Chemikalien. Kapseln, die magnetisch oder über Ultraschall gesteuert werden, sind aus der Ferne kontrollierbar (!).
Die Gesetzgeber sind sich solcher Eigenschaften gar nicht bewusst. Für Nanopartikel in Pestiziden gelten nach wie vor dieselben Vorschriften wie für chemische Pflanzschutzmittel. Von der amerikanischen Umweltschutzbehörde werden diese Pestizide nicht einmal als Nanotechnologie-Produkte angesehen. Dabei bergen sie besondere Gefahren:
- Sie sind giftiger als «normale» Pestizide.
- Sie können inhaliert oder über die Haut aufgenommen werden.
- Sie könnten auch in die Nahrungskette kommen, da sie in die Zellen der Pflanzen eindringen.
- Weil sie eine ähnliche Grösse wie Pollen haben, könnten sie Bienen und andere Fauna gefährden.
- Sie können als Biowaffen benutzt werden [1].
Um das Risiko beim Einsatz von Nanomaterialien in der Landwirtschaft zu minimieren, ist es unbedingt notwendig, diese erst kleinräumig und langfristig über einige Jahrzehnte zu testen, bevor sie grossräumig eingesetzt werden, dies vor allem im Zusammenhang mit der Schädigungen des Bodens, des Grundwassers, der Tierwelt oder gesundheitliche negative Wirkungen über die Produktionskette bis hin zum Lebensmittel.
Nanotechnologie boomt in Lebensmittelindustrie
An unser Essen stellen wir hohe Ansprüche: gesund, optisch ansprechend und lange haltbar soll es sein – und natürlich fein schmecken. Lebensmittelhersteller tüfteln deshalb an immer neuen Produkten, um möglichst alle Wünsche gleichzeitig zufrieden zu stellen. Ein fast unendliches Feld bieten dabei die Nanopartikel.
Entsprechend werden immer mehr industriell hergestellten Nahrungsmitteln Nanomaterialien zugefügt, wie beispielsweise Ketchup, Gemüsebouillion oder Puderzucker. Das Ziel: die Verbesserung von Fliess- und Riesel-Eigenschaften, die Perfektionierung von Geschmack, Farbe und Konservierung sowie die Erhöhung von Mineralstoffen und Vitaminen mittels eingeschlossenen Nanokapseln.
Das grosse Wetteifern der Grosskonzerne hat begonnen
Das Umsatzpotenzial für die Lebensmittelindustrie ist enorm. Kein Wunder also, dass alle Grossen der Lebensmittelbranche längst Nanoforschung betreiben. Nestlé, Unilever, HJ Heinz und Hershey Foods gehören zu den Pionieren, Chemiekonzerne wie Bayer, Henkel und Evonik (ehemals Degussa) haben sich längst als deren Partner etabliert.
Mehr als 200 Firmen weltweit sollen in diesem Bereich tätig sein. So hat Kraft Food Inc. (USA) im Jahr 2000 das «Nanotek»-Konsortium ins Leben gerufen, in dem 15 Universitäten und Forschungseinrichtungen weltweit involviert sind.
Mars Inc. (USA) beispielsweise hält ein Patent für ultradünne anorganische Überzüge, das den Schoggi-Riegel vor dem sichtbaren Verfall bewahren soll. Das Produkt wird mit einer wenige Nanometer dicken Schicht Titandioxid überzogen, diese Schicht soll geschmacksneutral sein und die Leckerei lange ansehnlich erhalten, auch wenn sie einige Zeit offen und unverpackt herumliegt. Nestlé beschäftigt sich mit Verkapselungssystemen für die Abgabe von aktiven Inhaltsstoffen, wie Vitamine, Fettsäuren und Geschmacksstoffe, in Nahrungsmitteln.
Graus oder Segen?
Nanotechnologisch geplant ist u.a. auch ein Milchshake, das durch Schütteln beliebig oft den Geschmack wechselt, einmal Schütteln – Banane – zweimal Schütteln – Erdbeer – dreimal Schütteln – Schokolade! Oder dass sich Milch rot färbt, wenn sie sauer wird. Oder eine Nano-Tiefkühlpizza, die mal nach «Margherita» und mal nach «Quattro stagioni» schmeckt, je nachdem, mit welcher Temperatur sie aufgebacken wird. Utopia oder doch nicht?
Was nach einer lustigen Spielerei tönt, birgt jedoch Gefahren, die wir noch nicht vollends absehen können. Nanopartikel wirken chemisch und physikalisch meist stärker als grössere Teilchen des gleichen Stoffes und können leichter in menschliche Zellen, Gewebe und Organe eindringen. Ihre stärkere biologische Reaktionsfähigkeit kann auch zur höheren Toxizität führen. Beispielsweise kann der sonst unbedenkliche Lebensmittelzusatz Titandioxid in Nanogrösse die DNS sowie Zellfunktionen schädigen und so die Abwehrkräfte von Immunzellen beeinträchtigen. Mit der Nahrung aufgenommene Nanopartikel können die Darmwände durchdringen und ins Blut übergehen. Sie können in verschiedene Organe gelangen und die von der Evolution entwickelten Schutzbarrieren wie Blut-Hirn-Schranke oder die Plazenta-Schranke überwinden.
Ausserdem werden sie mit zunehmenden Fällen der entzündlichen Darmkrankheit Morbus Crohn in Verbindung gebracht.
«Weltweit sind schätzungsweise bereits bis zu 600 Lebensmittel mit Nanozusätzen auf dem Markt. Tendenz steigend. Weil es aber keine Kennzeichnungspflicht gibt, weiss man nicht, in welchen Produkten Nanomaterialien enthalten sind. Selbst die zuständigen Behörden haben keine ausreichenden Informationen darüber. Und die Verbraucher haben kaum Chancen, die Aufnahme von Nanopartikeln über die Lebensmittel zu vermeiden.») [3]
Von Nanoschichten geschützter Orangensaft
Bei Lebensmittelverpackungen ist die Anwendung von Nanotechnologie bereits weit verbreitet. Mit solchen Verpackungen verspricht man sich eine verbesserte Haltbarkeit von Lebensmitteln und weniger Abfall. Die Eigenschaften der Verpackungen werden so verändert, dass Gase und Flüssigkeiten weder ein- noch austreten können oder das Eindringen von UV-Licht verhindert wird.
Lebensmittel können so über längere Zeit gelagert und über weitere Strecken transportiert werden. Auf dem Schweizer Markt werden Verpackungsfolien und PET-Flaschen mit synthetischen Nanokomponenten vielfach verwendet. Durch Nanoschichten optimierte PET-Flaschen werden u.a. auch bei Getränkemarken wie Granini, Perrier und Coca-Cola genutzt.
Wissenschaftler arbeiten ausserdem an Verpackungen mit Nano-Sensoren, die Veränderungen von Temperatur oder Feuchtigkeitsgrad durch einen Farbwechsel anzeigen. Dadurch könnten Verbraucher informiert werden, wenn die Kühlkette unterbrochen wurde, die Packung ein kleines Loch hat oder ein Produkt bereits verdorben ist.
Zunehmend kommen auch Frischhalteboxen und Kühlschränke mit antibakteriell wirkenden Nano-Silberionen auf den Markt.
Die Risiken der Nanotechnologie lassen sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht abschätzen. In der schweizerischen Gesetzgebung bestehen Lücken, die dringend geschlossen werden müssen! Es muss für synthetische Nanopartikel im Lebensmittelsektor eine Deklarationspflicht geschaffen werden!
- bag.admin.ch: Chemikalien
- umweltinstitut.org: Schadstoffbelastung Nanotechnologie
- Youtube: Krieg Lebensmittel
[1] Umweltinstitut.org
[2] gentechfrei.ch
[3] Lebensmittelkrieg Nanotechnologie im Essen
weitere Quellen und links zu diesem Thema:
- nanofakten.ch
- medizinauskunft.de: Tipps
- scinexx – Springers Wissensmagazin: Verdauungsenzyme entkorken Nanokapseln
- unser täglich Gift arte Doku “Wenn Essen krank macht”

