Pflug-los oder Pflug muss breiter betrachtet werden, weil sich Pflügen vom ursprünglich flachen Bearbeiten in der oberen Schicht über fast ein Jahrhundert zum Tiefpflügen entwickelte. Heute sind wir an der Schwelle, wo mit modernen Schälpflügen die wendende Pflugarbeit wieder auf maximal 12-15 cm begrenzt ist, was der verloren gegangenen Empfehlung / Vorschrift des organisch biologischen Landbaus entspricht.
Antwort auf Fragen, Ernst Frischknecht

5000 Jahre wurde gepflügt, ohne dass Erosion entstand, ohne dass Wasser auf den Feldern liegen blieb, weil die vertikale Erosion kaum existierte. Und heute soll Pflügen schlecht sein?
Betrachten wir einmal die Unterschiede.
Bis Mitte des 20. Jahrhunderts gab es keine chemisch-systemisch wirkenden Herbizide. Am Boden befanden sich bei allen Kulturen Gräser und Kräuter, die aber die Hauptkultur nicht konkurrenzierten.
Der Humusanteil im Boden war entschieden höher als heute. Ein altes Sprichwort sagt „dem Erntewagen folgt der Pflug“ (Lit. „Kraut und Rüben“, Karl Stellwag). Im Interesse einer guten Flächenleistung pflügte man nur ca. 15 cm tief, also in der damals noch stärkeren aeroben Schicht. Das Wenden zerstörte die unterschiedlichen Milieus der aeroben und der anaeroben Schicht nicht. Die Ernte wurde erst als fertig betrachtet, wenn der Acker wieder angesät war, meistens mit Zwischenfutter wie Wicken und Hafer oder Alexandrinerklee.
Was hat das bewirkt?
Das Feld hatte eine Permakultur (permanent bewachsen). Sowohl Bodenbakterien und Bodentierchen, wie auch Bodenpilze hatten uneingeschränkt Nahrung und lebenswichtige Feuchtigkeit, und in der oberen aeroben Schicht Sauerstoff für den Ab- beziehungsweise Umbau organischer Substanz. Die untere, anaerobe Schicht wurde nicht mechanisch gestört. Aber eine starke Durchwurzelung vieler verschiedener Pflanzen gab Stabilität und Elastizität, und erlaubte einen ständigen Gasaustausch zwischen Erde und Atmosphäre (Bodenatmung). Die Zirkulation der Assimilate zu den Wurzeln und zurück zum oberirdischen Pflanzenteil war kaum einmal blockiert. Das Bodenleben war fast jederzeit in Aktion.
Ein intaktes Boden-System konnte für die Pflanzen die Nahrung so aufbereiten, dass sie resistent gegen Krankheiten und Schädlinge wurden. Die Pflanzen haben ja bekanntlich keinen Magen. Wenn das Bodenmilieu stimmt, bereitet das Bodenleben die Nahrung der Pflanzen für den Eintritt in die Wurzeln so auf, wie der Darm höherer Lebewesen die Nahrung für den Übertritt vom Darm ins Blut vorbereitet. Im Darm sind es die Darmzotten, die sich von der Darmwand nach Innen in den Nahrungsbrei strecken. Bei den Pflanzen sind es die Haarwurzeln, die mit Pilzen eine Symbiose eingehen und dem Pflanzensaft (Pflanzen- Blut) die Wirkstoffe übergeben. Diese Wirkstoffe enthalten neben den bekannten Eiweissen und Kohlenhydraten auch immer Botschaften an die Zellen (Gebrauchsanweisungen), und elektrische Energie für die Kommunikation der Zellen untereinander. So wie Menschen über längere Zeit künstlich ernährt werden können, können auch Pflanzen künstlich ernährt werden (Hydrokultur). Vor Jahren tauchte eine Studie auf, die feststellte, dass Nahrung aus Hydrokultur für die menschliche Gesundheit schädlich sei. Bei Pflanzen besteht keine vergleichbare Studie. Sicher ist aber, dass je mehr Stickstoff gedüngt wird, umso mehr Pilzkrankheiten auftreten. Bei Kartoffeln ist es Phytophtora, bei Getreide sind es Mykotoxine. Neue Erhebungen fanden bereits auch bei Heu oder Silage Mykotoxine. Das mag damit zusammenhängen, dass seit ca. 30 Jahren in modernen Ställen Kot und Harn gemischt in grossen Jauchegruben eine zu Ammoniak führende Methangas-Gärung durchlaufen. Zu glauben, mit der Verteilung der Jauche mittels Schleppschlauch nehme die Ammoniak- Belastung ab, ist ein Irrtum. Sie wird sogar verschärft, weil das dadurch geschwächte Bodenleben die Umwandlung von Ammoniak zu Lachgas zulässt.
Die Rolle der Bodenpilze
Ein Pionierbauer der Biodynamischen Richtung sagte mir 1965: „Wo Pilze im Boden sind, hat es keine Pilze auf den Kulturen“. Geprägt von der landwirtschaftlichen Ausbildung verstand ich das damals nicht. Das 1971 im Kosmos Studienbücher Verlag erschienene Buch „Die Bodenorganismen im Haushalt der Natur“ von Günter Trolldenier bestärkte mit 47 Zeichnungen und 57 Elektromikroskop-Aufnahmen die Behauptung des Bauern.
Ich befolgte die Empfehlungen des damaligen Biolandbaus: Boden nie tiefer als 12 cm bearbeiten, pflügen. Boden nicht unbedeckt lassen. Mist und Pflanzenreste nicht unterpflügen. Nicht Mietenkompost, sondern Flächenkompost machen. Seit 1972 bauen wir jährlich zwischen 60 und 90 Aren Kartoffeln an – ohne jede Bekämpfung der Phytophtora, mit sehr gutem Erfolg. In den 80er Jahren machte ich bei den Versuchen von ART Reckenholz über Zwischenbegrünung im Mais mit. Die Wirkung auf die Bodenstruktur faszinierte mich. Aber 30 Jahre lang wurde diese Methode von der Agrarausbildung ignoriert. Im Gegensatz dazu hat die Begrünung den Rebbau total erobert. Auch die oben beschriebenen Grundsätze des biologisch organischen Landbaus werden seit dem Bio-Boom der 90er Jahre kaum mehr beachtet.
Wer den Pflug strikt ablehnt, bezieht sich auf die Pflüge und Pflugarbeit des 20. Jahrhunderts: 30 cm tief wenden, Mist und Pflanzenreste eingraben. Erdschollen abtrocknen lassen, anschliessend mit rotierenden Geräten fein machen. Oder Herbstfurche, um die sogenannte Frostgare wirken zu lassen. Zusammen mit den chemischen Herbiziden und / oder dem überaus fleissigen Jäten der Biobauern, welche ebenso saubere Felder haben wollten wie die konventionellen, wurde dem Boden systematisch das für ihn lebenswichtige Bodenmilieu entzogen. Der Humusgehalt ging zurück. Würmer und das ganze, von Auge nicht sichtbare Bodenleben (Mikroorganismen und Pilze) starben praktisch aus. Heute gibt es Pflüge, mit denen schonend und schichtengerecht gepflügt werden kann. Ein harter Eingriff ins Verdauungsystem Boden bleibt es aber. Im Februar 2015 berichtete die Universität Zürich über die für die Krankheitsresistenz so wichtigen Bodenpilze, die aber leider nur im Grasland, nicht im Ackerland vorkämen. Meine Erfahrung: Im Permakultur-Ackerbau überleben sowohl Pilze wie Bakterien. Pilzkrankheiten sind kein Thema, weil so gut als möglich kein wasserlöslicher Stickstoff ausgebracht wird. Schnell wirksamer Stickstoff, wie er zur Erreichung der hohen Glutengehalte im Weizen unabdingbar ist, fördert nicht nur Zöliakie (Weizenunverträglichkeit) bei Mensch und Tier, sondern auch Mykotoxine auf verheerende Art. Wenn an den unsinnig hohen Glutengehalten unter dem Zwang der industriellen Backmethoden der Grossverteiler festgehalten wird, könnte Weizen mehr und mehr seine Bedeutung als Nahrungsmittel verlieren (Lit. „Stickstoffkreisläufe“, Edwin Scheller). Wird mehr wasserlösliches N (= Stickstoff) zur Pflanzenernährung verabreicht, legt die Erde ihre N sammelnden Bakterien (Azotobakter) lahm und Leguminosen verschwinden (Lit. „Die Stickstoffversorgung der Pflanzen aus dem Stickstoff-Stoffwechsel des Bodens“, Edwin Scheller, 1993). Ich staune, wie man sich in sklavischem Gehorsam dem Diktat der Grossverteiler beugt, ohne sich mit den Zusammenhängen des Pilzvorkommens gründlich auseinanderzusetzen. Man wird in den nächsten 20 Jahren in Bezug auf Nitrat und Nahrung einige Überraschungen erleben, auf die man gerne verzichtet hätte.
Dass Glyphosat wie jedes Herbizid ein gewaltiger Denkfehler ist, geht aus den obigen Schilderungen der Selbstregulation der Erde hervor.
Glyphosat muss die gleiche Leidensgeschichte durch machen wie DDT und Atrazin. Deren Harmlosigkeit wurde noch verteidigt, um die Kassen zu füllen, als die Gefährlichkeit längst bewiesen war. Bei Glyphosat wird es länger dauern, weil es als ungiftig bezeichnet wird. Es wirkt über programmierte Proteine. Proteine steuern den ganzen Stoffwechsel von Pflanzen und Lebewesen und speichern den ganzen Erbsatz (Lit. Gensuisse). 1993 und 2013 wurde je ein Nobelpreis zuerst für Medizin dann für Chemie an zwei Forscher vergeben, die beide die krank machende Wirkung von sogenannten G-Proteinen bewiesen haben (G-Proteine = durch Fremdstoffe veränderte Proteine, deren Botschaft an die Zellen so verstanden werden, wie das Programm es will. Lit. Sience 1993, NZZ 2013).
Glyphosat hat nun genau solche Proteine. Zur Unkrautvernichtung initiieren sie den Tod durch unkontrollierte Zellteilung, und / oder lahmlegen einzelner Stoffwechsel- Steuerungsfunktionen.
Wenn in USA Weizen 10 Tage vor der Ernte noch mit Glyphosat gespritzt wird, damit die überdüngten Getreideblätter absterben, so ist unvermeidbar, dass auch das Korn seinen Anteil mitbekommt, und später auf die Konsumenten wirken lässt. Herbizide strapazieren nicht nur das Bodenleben und damit die Bodenstruktur. Wem die Wirkungsweise dieser Proteine bekannt ist, dem müsste zuerst in Langzeitversuchen bewiesen werden, dass Glyphosat nichts mit Krebs und den unzähligen Gehirnerkrankungen der Neuzeit zu tun hat. Zu behaupten, in der Schweiz werde nur noch eine sehr kleine Dosierung eingesetzt, ändert nichts daran, dass der Stoff in Umlauf gebracht wird und mit anderen Stoffen neue Verbindungen eingehen kann, die nicht abschätzbar sind.

